Mittelchile

La Serena

Nach unserer aufregenden Fahrt von Argentinien her über den Paso del Agua Negra mit seinen grandiosen Landschaften gelangten wir schließlich durch das Valle del Elqui an die chilenische Pazifikküste nach La Serena. Nach vielen Wochen auf dem Altiplano und in Halbwüsten freuten wir uns auf das Meer, etwas mehr Grün und auf einen Bummel durch eine koloniale Innenstadt. – Das alles konnten wir in La Serena genießen, wenngleich man sagen muss, dass hier schon früh am Abend sprichwörtlich die Gehwege hochgeklappt wurden. Durch Argentinien an späte Essenszeiten (nie vor zwanzig Uhr!) gewöhnt, machten wir uns mitten im Stadtzentrum auf die Suche nach ein bisschen Leben und geöffneten Restaurants, hatten dabei aber nur wenig Erfolg… Natürlich wurden wir satt und entdeckten auch ein sehr einheimisches Restaurant mit bester Grilltradition, insgesamt fehlte uns jedoch das südamerikanische Flair.

Dafür war es tagsüber sehr betriebsam. Die tolle Palmenallee führte uns direkt zum langen Strand, den man ganz nach Bedarf Richtung Norden mit viel Natur oder Richtung Süden bis Coquimbo mit mehr Stadt, Gastronomie und Ständen im Hintergrund erkunden kann. Ein schönes Wahrzeichen ist der Faro Monumental, der ein kleines Museum mit freiem Eintritt beherbergt, und auch die Rettungsschwimmer bezogen schon ihren Posten, obwohl insgesamt noch die Ruhe vor dem Sturm herrschte: Wir waren Mitte Dezember in La Serena, also kurz vor Beginn der Hauptsaison im Januar und Februar.

Unsere Unterkunft, das Hotel Boutique Terra Diaguita, liegt im Stadtzentrum und ist eine sehr gemütliche Oase. Es ist liebevoll gestaltet und zieht sich durch zwei Höfe eines alten Bürgerhauses. Hier hatten wir auch das beste Frühstück der gesamten Reise! Es gab einfach alles, was das Herz begehrt, und das in einem super stilvollen Ambiente.

Bevor wir La Serena Richtung Süden an der Küste entlang wieder verlassen konnten, fiel uns noch plötzlich (ebenso wie dem kleinen Gespenst?) ein, dass wir den letzten platten Reifen noch ungeflickt im Kofferraum liegen hatten… Das war uns mit der bisherigen Quote an kaputten Reifen zu riskant, weshalb wir wieder einmal eine Gomeria suchten, um ihn reparieren zu lassen. Glücklicherweise fanden wir auch dieses Mal eine flexible Werkstatt, die uns ratzfatz den Reifen wieder fahrtüchtig machte. Wir erlebten nie, dass man uns warten ließ oder der Preis nach Abzocke klang, das war wirklich eine positive Erfahrung!

Pichidangui

Wenn man entlang der Pazifikküste auf der Autobahn fährt, braucht man für die knapp 300 Kilometer von la Serena bis in das kleine Örtchen Pichidangui tatsächlich auch nur drei Stunden. Das waren wir nach den Wochen auf Landstraßen, teils nicht einmal asphaltiert, gar nicht mehr gewöhnt. – Pichidangui war eine glückliche Entdeckung, denn wir hatten zuvor lange im Internet nach einer schönen Möglichkeit, ein paar ruhige Tage am Strand zu verbringen, gesucht. Das Dorf befindet sich an einem Ende einer großzügigen Bucht mit wunderschönem Sandstrand und es gibt einige Campingplätze mit kleinen Bungalows in der Gegend. Wir hatten in einer noch kaum besuchten Anlage den großen Pool ganz für uns (das Meer war deutlich zu kalt zum Baden) und konnten unsere schicken Gartenmöbel (Haha!) sogar zum Frühstück an den Strand stellen. Es schrie hier nach langen Spaziergängen barfuß am Wasser und der Himmel war mit unglaublichen Wolkengebilden voll auf unserer Seite!

Rasch fanden wir heraus, dass man zu Fuß am Strand entlang schneller ins Dorf kam als mit dem Auto über die Straße. Und hier wurde der kleine Hafen unser Lieblingsplatz, denn wenn am Vormittag die Fischer ihren Fang fertig ausgeladen hatten, gaben die Reste ein Festmahl für Möwen, Pelikane, Truthahngeier und sogar Seelöwen. Während vor allem die Möwen dann sofort ein Riesengeschrei anstimmten, warteten die Pelikane oft ein wenig und spazierten dann würdevoll durchs Gewirr, bis es ihnen zu dumm wurde und sie mit einem energischen Schnabelhieb oder Flügelschlag klar machten, wer der Chef am Büfett war. Der Seelöwe schien das Ganze ohnehin nur amüsiert zu beobachten…

Auf unseren Abendspaziergängen am Meer sahen wir übrigens auch, dass die Pelikane sich nicht nur mit Resten begnügen, sondern ausgezeichnete Jäger sind: Sie können sich elegant aus dem Wasser in die Luft erheben und dann pfeilschnell auf Fische hinunterstoßen, wobei sie wie eine Mischung aus Regenschirm und Flugdino aussehen. Wir fanden das sehr beeindruckend!

Es fiel uns schwer, uns an der wunderschönen Küste von Pichidangui satt zu sehen. Man konnte eigentlich stundenlang in die Brandung schauen, über Felsen klettern und sich über die vielen verschiedenen Blumen des bunten chilenischen Frühsommers freuen.

Und auch das andere Ende „unserer“ Bucht bot tolle Möglichkeiten zum Wandern. Hier war es noch ruhiger, schroffe Felsen, bizarre Pflanzen und ein tiefblaues Meer luden dazu ein, die Ausblicke dieser Seite lange zu genießen!

Ob am hellen Tag oder schon zum Abend hin, der lange Strand lud immer wieder zum Schlendern und Fotografieren ein. Wir verbrachten hier drei sehr erholsame Tage mit jeder Menge schöner Natur.

Valparaiso

„Valpo“, wie die Einwohner ihre Stadt direkt an der Küste nennen, ist ein großartiger und quirliger Ort! Von Norden kommend fuhren wir zuerst durch das völlig reizlose Viña del Mar, bevor wir nach Valparaiso gelangten und zu unserem Hotel auf dem Cerro Concepcion hinaufkurvten. Den Nachmittag und den folgenden Tag verbrachten wir komplett damit, durch die farbenfrohe Altstadt zu schlendern und die unzähligen vielfältigen Graffitis zu bewundern. Die ganze Stadt gleicht einer Streetart-Galerie der unterschiedlichsten Stile (sie ist zu Recht Unesco Weltkulturerbe) und zwischendurch findet man jede Menge Cafés und Restaurants, um sich auszuruhen und zu stärken. Durch die Hügellage eröffnen sich immer wieder herrliche Ausblicke auf die Bucht und die Brise vom Meer sorgt permanent für frische Luft!

Die hier eingefügten Bilder stellen natürlich nur einen Bruchteil der kostenlosen Freiluft-Kunst dar, die man in Valparaiso bestaunen kann. Immer wieder begegnet man bekannten Gesichtern wie denen von Jack, Rita oder Amy, aber man trifft auch auf taffe Mädels und Frauen, die man gerne kennen lernen würde – während man eher froh ist, den Gestalten der unteren zwei Reihen nicht „in echt“ über den Weg zu laufen…

Unser Weg führte uns mehrmals die Hügel hinunter und wieder hinauf, mal nutzten wir die ebenfalls bunt gestalteten Treppen, mal die Ascensores, die Schrägaufzüge, die knarzend und ruckelnd an den Cerros unterwegs sind. – Das offizielle Stadtzentrum unten am Meer erfüllte uns mit zwiespältigen Gefühlen: Zwar gibt es die obligatorische Plaza und ein paar recht prachtvolle Gebäude, viele Straßenzüge sind aber auch von Verfall gezeichnet. Es herrscht hier die in Chile verbreitete Unsitte vor, dass Besitzer alter Häuser, deren Instandhaltung oder -setzung sie finanziell überfordert, einen warmen Abriss als Ausweg nutzen und die alten Kolonialgebäude schlicht anzünden. Danach muss man sich lang genug ruhig verhalten, bis die Behörden die Suche nach den Besitzern aufgeben und die Brandruine irgendwann abgerissen werden darf. Eine effiziente Methode, die dem Stadtbild aber nicht gerade gut tut…

Man könnte allein eine Bildergalerie mit Streetart auf Garagentoren füllen! Vom bebilderten Auto hingegen entdeckten wir nur ein einziges originelles Exemplar. Dafür blieben wir immer wieder vor den fein gemalten schwebenden Häusern und Straßen des einheimischen Künstlers Varas Mackenzie stehen, bis wir ihn – oh, Freude! – selbst in seiner Galerie am Cerro Alegre trafen.

Getreu dem Motto auf den Stufen des Cerro Concepcion „We are happies“ verabschiedeten wir uns ganz und gar happy aus Valparaiso. Gerne wieder!

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