Nordwest-Argentinien

Fahrt von Chile nach Argentinien

Nach den schönen, aber etwas arg reglementierten Tagen in der chilenischen Atacama-Wüste reisten wir am Paso Jama in den Nordwesten Argentiniens ein und waren sehr gespannt darauf, wie sich dieses Land von den anderen unterscheiden würde. Die erste Erfahrung war dann ein wenig holprig: Kaum eine Stunde auf einer argentinischen Straße unterwegs, platzte ein Hinterreifen an unserem Mietauto – natürlich mitten in malerischer, weiter Einsamkeit! Es erwies sich als sehr gut, dass Stefan bei der Übergabe des Autos aufgepasst hatte, sodass der Reifenwechsel recht schnell und reibungslos funktionierte. Nach ungefähr zwanzig Minuten konnten wir weiterfahren und uns nach einigen Stunden auf knapp viereinhalb Tausend Metern nun auf der Cuesta de Lipán ins Tal von Purmamarca hinunterschrauben.

Purmamarca

Schon der erste Abend in Purmamarca deutete an, dass Argentinien uns begeistern würde. Vom fürsorglich-netten Vermieter bis zum Abendessen in einem sehr einheimischen Lokal mit toller live Musik trug alles dazu bei, uns den langen und mühsamen Fahrtag vergessen zu lassen und unsere Vorfreude auf die Erkundung des Ortes am nächsten Morgen zu wecken. Bei schönstem Wetter und sommerlichen Temperaturen spazierten wir dann durch das richtig hübsche Dorf, in dem man viel Kunsthandwerk, kreativ gestaltete Läden und originelle Graffitis findet. Rund um die zentrale Plaza gibt es einen täglichen Markt mit Souvenirs, und etliche Cafés laden zu einer entspannten und günstigen Pause ein, denn der chaotische Kurs der argentinischen Pesos plagt zwar die Einheimischen, ist aber für Touristen sehr praktisch. Übrigens sieht man auch auf der Plaza mit etwas Glück Musizierende und Tanzende, was für eine sehr beschwingte Atmosphäre sorgt!

Direkt von Purmamarca aus kann man einen längeren Spaziergang durch die vielfarbigen Hügel des Cerro de los Siete Colores machen, die das Städtchen umgeben. Von Rot über Grün bis Grau in verschiedensten Farbtönen ist hier alles geboten, dazu kommt eine große Vielfalt an Formen, die uns sehr lebhaft vor Augen führt, dass all diese harten Felsen einmal weich wie Brei waren – in Purmamarca kann man sich das wirklich vorstellen.

Ähnlich wie die bunten Felsen begeisterten uns auch die vielen Kandelaberkakteen, die in würdevoller Haltung die steinigen Ebenen entlang der Cuesta de Lipán bevölkern. Mit etwas Phantasie sehen sie von weitem wie langsam wandernde Menschen aus, die alle dem gleichen Ziel zustreben.

Tilcara

Nachdem wir Abschied vom hübschen Purmamarca genommen hatten, fuhren wir durch die Quebrada de Humahuaca weiter nach Tilcara. Auch diese kleine Stadt ist sehr lebendig! Es gibt viele farbenfrohe Häuser und Graffitis – die übrigens eindeutig zeigen, dass ich nicht alleine mit dem Fimmel war, Kakteen als lebende Figuren wahrzunehmen. In der kleinen Kirche gefiel uns vor allem das Dachgebälk aus Kaktusholz, und in Cachi sahen wir später sogar einen Beichtstuhl aus diesem besonderen Material!

Rings um Tilcara lässt es sich auch sehr schön wandern! Zum Beispiel bietet die Quebrada de Casa Colorada außer skurrile Felsformationen und einen Wasserfall auch einen Blick in die unglaublichen Weiten des andinen Hinterlandes – eine menschenleere Gegend wiederum mit reichlich Kakteen geschmückt.

Maimará

Auf dem Weg zurück Richtung Süden nach Salta stoppten wir noch bei Maimará, wo wir den fast am schönsten gelegenen Friedhof auf unserer Reise entdeckten (Welcher die schönste Lage hat, wird später verraten!). Auf einem Hügel mit direktem Blick auf die bunten Falten der angrenzenden Berge ruhen hier die Toten in teils einfachen, teils recht prächtigen Grabmälern…

Salta

Nach viel beeindruckender Natur stand mit Salta nun mal wieder eine größere Stadt auf dem Programm. Sie ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz und ihr Name bedeutet in der Sprache der indigenen Aymará „die Schöne“. Es gibt auch tatsächlich ein koloniales Zentrum mit imposanten Gebäuden und Kirchen, viele Läden und große Plätze. – Das Leben hier zeigte sich uns vor allem in einer Menge von fröhlichen Fußballfans zweier lokaler Vereine, die am Nachmittag unserer Ankunft ausdauernd Gesänge zum Besten gaben (unser Hotel lag direkt an der Ecke der zentralen Plaza 9 de Julio). Als wir Touristen neben ihnen stehen blieben, um ein bisschen zuzuhören, liefen sie zur Höchstform auf und wollten gar nicht mehr aufhören. Die Fortsetzung gab es dann abends nach dem Spiel, als die Fans beider Mannschaften in einem Umzug singend um den Platz herum marschierten.

Ansonsten war Salta für uns die Stadt der Suche: nach Läden, in denen wir unsere Simkarten freischalten und dann auch mit Guthaben aufladen konnten (was leider getrennt stattfinden musste), nach einer Arztpraxis, in der ich die Fäden meiner Wundnaht an der Schläfe ziehen lassen konnte, und schließlich nach einer Gomeria, in der wir den kaputten Reifen des Mietautos flicken lassen konnten, um wieder einen Reservereifen zu haben. Das alles gelang dank vieler freundlicher Auskünfte der Bewohner Saltas, und wir lernten, dass beim Prinzip, Entfernungen in Blöcken zu beschreiben, „zwei Blöcke geradeaus und dann vier nach links“ genauso gut „vier Blöcke geradeaus und dann zwei nach rechts“ heißen konnte. Irgendwann war man am gesuchten Ort und fand das Gewünschte!

Fahrt von Salta nach Cachi

Nachdem alle Aufgaben in Salta bewältigt worden waren, machten wir uns auf den Weg nach Cachi. Das etwas regnerische Wetter hatte sich aufgelockert und so fuhren wir mit immer mehr Sonne durch grandiose Landschaften. Die Kühe auf der Straße entschieden sich zum Glück doch dazu, uns vorbeizulassen, die letzten Wolken setzten die auftauchenden Berggipfel richtig in Szene und die Straße wand sich malerisch an den Hängen hinauf – schöner kann Fahren kaum sein! Kurz vor Cachi streiften wir noch den Parque Nacional Los Cardones, der uns aber nach den Mengen von Kakteen, die wir zwischen Purmamarca und Tilcara schon gesehen hatten, nicht mehr so beeindruckte.

Cachi

Der kleine Ort Cachi ist absolut einen Aufenthalt wert! Das ganze Zentrum besteht aus weiß gestrichenen Häusern, etliche davon sind von hohen Gehweg-Podesten umgeben, die das Ortsbild interessant und das Spazieren etwas abenteuerlich machen. Eine weitere Besonderheit stellen die Türen an den Häuserecken dar – wozu auch immer das sinnvoll sein mag. Stärken kann man sich in richtig guten und günstigen Restaurants mit einheimischer Küche wie zum Beispiel Cazuela de Cabrito, einem Schmorgericht mit Fleisch vom Zicklein. Uns sind – in leichtem Gegensatz zum schmucken Dorf – die vielen sehr alten Autos aufgefallen, vor allem französische Marken mit Baujahren deutlich im vorigen Jahrhundert. Aber sie fuhren und dienten zum Transport von allem Möglichen…

Unsere Unterkunft im Automovil Club Argentina war übrigens perfekt, um hier zwei sehr entspannte Tage zu verbringen. Das schöne alte Hotel liegt auf einem grünen Hügel am Stadtrand und bietet außer einem idyllischen Innenhof mit einem riesigen alten Baum auch einen großen Pool, den wir Anfang Dezember, also mitten im argentinischen Sommer, sehr genossen!

Fahrt nach Cafayate

Zugegeben: Es fiel uns ein wenig schwer, das idyllische Cachi wieder zu verlassen – aber natürlich lockte auch schon der nächste reizvolle Ort, nämlich Cafayate. Wie auch nach Cachi war die Strecke hier landschaftlich großartig. Nach jeder Kurve winkte ein neuer Ausblick auf erstaunliche Felsformationen, teilweise schlängelte die Straße sich fast labyrinthartig durch Aufwerfungen und die weißen Wolken am Himmel ergänzten den jeweiligen Eindruck, Grund zur Sorge um das Wetter waren sie jedenfalls nicht! Man muss allerdings dazu sagen, dass fast die komplette Straße ungeteert war, also nur aus Schotter oder Sand bestand, sodass die Fahrt sich auch ein bisschen nach Abenteuer anfühlte.

Cafayate

Cafayate, das mitten in einem Weinbaugebiet liegt, ist städtischer als Cachi und liegt wieder deutlich unter 2000 Metern. Es gibt von jedem etwas zu sehen; außer einigen Streetart-Bildern und der Kolonialkirche gefiel uns vor allem das außergewöhnliche Haus eines Künstlers, bei dem Wohnung und Werkstatt ineinander übergingen. Von außen war es schon spannend, aber drinnen stapelten sich Unmengen von Kisten mit tönernen Masken und anderen getöpferten Gegenständen – eine Mischung aus Galerie und Museum!

Quebrada de las Conchas

Da wir quasi aus einem Weinbaugebiet kommen, interessierten wir uns nicht so sehr für die riesigen, ebenen und rechtwinkligen Weingüter in der Umgebung Cafayates. Dafür verbrachten wir als Felsenfans einen unglaublich schönen Tag in der Quebrada de las Conchas. Entlang der Ruta 68 kann man auf einem Abschnitt von ungefähr 40 Kilometern eine Vielzahl von Farben und Formen im Sandsteingebirge entdecken. Gut ausgeschildert und mit Parkplätzen ausgestattet lassen sich Nebentäler erkunden oder Ausblicke direkt an der Straße genießen. Es lohnt sich absolut, sich dafür Zeit zu lassen, denn das Licht bei der Einfahrt ins Tal am Morgen wirkt komplett anders als auf der Rückfahrt am Spätnachmittag bei sinkender Sonne! Übrigens ist die Landschaft in Argentinien so krass, dass sogar die Kurven besonders sind – jedenfalls suggerieren das die Schilder. Aber keine Angst, so brutal, wie es hier aussieht, sind die Kurven dann doch nicht!

El Peñon

Von Cafayate aus ging es weiter nach Süden Richtung La Rioja. Allerdings bogen wir dann aber nach knapp 200 Kilometern bei Hualfin von der Ruta 40 nach Nordwesten ab, was eine super Entscheidung war, denn dort erwartete uns eine der bizarrsten Landschaften der ganzen Reise: Die Puna de Atacama um den kleinen Ort El Peñon. Bereits auf der Fahrt hinauf staunten wir über gewaltige Sanddünen, mit denen wir auf einer Höhe von über 3000 Metern und mitten im Gebirge nicht gerechnet hätten. Die unfassbare Weite oben mit Gruppen von Vicuñas und immer wieder fast schneeweißen Sandflächen war dann wirklich atemberaubend! Es ist faszinierend zu sehen, dass Wüste sich in so vielen verschiedenen Erscheinungen präsentieren kann.

Übrigens gibt es in diesem Teil Argentiniens viele mehr oder weniger wilde Esel, die oft in kleinen Gruppen unterwegs sind. Manchmal sind sie so scheu, dass sie laut schreiend (so klingt es!) die Flucht ergreifen, sobald man in ihre Nähe kommt. Gelegentlich trifft man aber auch auf sehr neugierige Exemplare wie den Kollegen, der am liebsten zu uns ins Auto gestiegen wäre…

Es war für uns fast unvorstellbar, wie hier oben in El Peñon in dieser einsamen Weite Menschen wohnen können. Im kleinen Ort waren dann gefühlt auch alle verwandt oder zumindest verschwägert und das geöffnete Gasthaus glich einem Wohnzimmer für die Dorfbewohner: Im Fernsehen lief Fußball, am Tisch nebenan wurden von den Töchtern der Wirtsleute die Fingernägel gestylt und die Speisekarte gab es mündlich von der Wirtin selbst. Immerhin wurden wir freundlich in bevorstehende Dorfaktivitäten eingebunden, denn mehrere Kinder baten uns um den Kauf von Losen für eine geheimnisvolle Tombola. Da der Erlös für einen guten Zweck war, kauften wir natürlich welche, obwohl wir die Ziehung nicht miterleben konnten – ob wohl irgendwo in El Peñon noch Gewinne auf uns warten?

Da die Straßen hier oben durch ziemlich schwieriges Gelände führen, ist man als Besucher gut beraten, wenn man eine Jeeptour mit den einheimischen Anbietern bucht – und natürlich leben diese auch davon. So machten wir mit zwei Brüdern unserer Vermieterin einen fünfstündigen Ausflug in die Ebene von El Peñon, der neue Superlative bezüglich der Landschaft brachte: Die Mitte der Ebene bildet der kohlrabenschwarze Vulkankegel des Carachi Pampa, teils umgeben von einem Boden aus grauer Vulkanasche, der wie frisch aus dem Meer gehoben aussieht, teils von einem versteinerten Salzsee, in der Ferne begrenzt von roten Bergen. Da hatte jemand bei der Schöpfung richtig Spaß und wir standen immer wieder einfach staunend da!

Ein Highlight der Puna de Atacama bildet eindeutig das Campo de Piedra Pomez, wie alles andere hier oben auch vulkanischen Ursprungs. Es ist eine riesige Fläche voller Brocken aus Bimsstein, die mit ihrer weißen Farbe und den scharfen Kanten eigentlich wie erst vor Kurzem entstanden wirken. Wer hier nicht seine Phantasie spielen lässt, verpasst etwas! Die wildesten Vergleiche drängten sich auf, während die Stille und Klarheit der Umgebung uns zwischendurch andächtig verharren ließen…

Tapfer ruckelten und schuckelten wir weiter, denn die Straße gab ihr Bestes, um uns auf den Boden der Realität zurückzuholen. Stellenweise hatte man den Eindruck, zu Fuß schneller voranzukommen, aber dabei unterschätzten wir natürlich die Entfernungen… Der letzte Haltepunkt lohnte die Mühe aber absolut, weite hohe Sanddünen aus weißer Vulkanasche beeindruckten uns gewaltig. Wo waren wir hier gelandet, im Schnee? In der Sahara? Was für eine verwirrende und ungeheuer schöne Mischung!

Wie immer lockte der Ruf anderer interessanter Gegenden aus der Ferne und so verabschiedeten wir uns ganz erfüllt von der Puna de Atacama. Zum Glück war ja der Rückweg ebenso schön wie der Hinweg, die Vicuñas standen freundlich Spalier und mit etlichen Fotostopps zögerten wir den endgültigen Abschied von dieser einzigartigen Landschaft noch etwas hinaus, bevor wir wieder in die Ruta 40 einbogen.

El Chiflon

Unsere Fahrt führte uns noch ein Stück durch die wilde Catamarca, dann kamen wir nach La Rioja, was eine Erleichterung darstellte, weil diese Provinz schon etwas mehr mit Tourismus zu tun hat. Das bedeutet nicht, dass Massen von Reisenden unterwegs sind, aber es zeigt sich zum Beispiel an einem weniger komplizierten Umgang mit Geld: Wir hatten wieder eine Chance, am Automaten an Bargeld zu gelangen oder mit der Kreditkarte zu bezahlen, was uns in Catamarca wirklich Kopfzerbrechen bereitet hatte! Außerdem hatten wir in Belen, wo wir weder Geld abheben noch während der Mittagszeit Kaffee trinken konnten (in den Restaurants weigerte man sich, statt Essen nur Kaffee zu servieren, obwohl sie quasi leer waren), unsere zweite Reifenpanne. Mitten im Ort lag ein Aluminiumstück auf der Straße und bohrte sich energisch in einen Reifen, der zischend den Geist aufgab. Glücklicherweise befand sich direkt gegenüber eine Gomeria und der junge Mann, der dort arbeitete, verschob seine Mittagspause ein bisschen, um fix unseren Reifen zu flicken. Der Preis für diesen richtig netten Dienst waren unglaubliche 2000 Pesos, also etwa zwei Euro – so liebenswert sind die Argentinier!

El Chiflon hatten wir als Ausgangspunkt für Ausflüge in zwei weitere Naturparks ausgesucht, ohne zu wissen, dass es faktisch keine Ortschaft war, sondern eigentlich auch ein Naturabschnitt entlang der Straße. Das Hotel Posta Pueblo El Chiflon war aber sehr real und ein wunderbarer Platz, um entspannte Stunden nach langer Fahrt oder Ausflügen dort zu verbringen. Es gab sehr gutes Essen und Wein, einen Pool, viele dicke Wüstenfrösche, gefräßige Ziegen, die auch vor Kakteen nicht Halt machten, Füchse – und eine Weihnachtskrippe in der Rezeption, denn auch wenn es sich gar nicht so anfühlte: Trotz 35 Grad Hitze befanden wir uns mitten in der Adventszeit!

Ein paar Kilometer von unserem Hotel entfernt stießen wir am Straßenrand auf eine Stelle mit einigen kleinen Kreuzen, um die herum Unmengen von vollen Wasserflaschen aufgetürmt waren. Was zunächst wie ziemlich wüste Abfallentsorgung auf uns wirkte, ist eigentlich die Verehrung einer Volksheiligen: la Difunta Correa. Der Legende nach zog diese Frau im Unabhängigkeitskrieg Argentiniens gegen die Spanier 1841 ihrem Mann hinterher, der in spanische Gefangenschaft geraten war. Dabei nahm sie ihr frisch geborenes Kind mit. Leider hatte sie die Härte der Wüstenlandschaft unterschätzt und verdurstete in einem kleinen Tal bei San Juan. Als die Tote einige Tage später von Gauchos gefunden wurde, soll ihr Baby überlebt haben, weil es an der Brust der Mutter weiterhin getrunken hatte. Heute ist la Difunta Correa die Schutzheilige der Reisenden und LKW-Fahrer, aber auch Bräute huldigen ihr. Die zahlreichen Wasserflaschen sollen den Durst der armen tapferen Frau stillen und den Gläubigen Glück bringen.

Parque Natural Provincial Ischigualasto

Der Ischigualasto Park, der sich am nördlichen Rand der Provinz San Juan befindet, hat zwar einen schier unaussprechlichen Namen, lohnt aber auf jeden Fall einen Besuch. Am Parkeingang gibt es ein gut aufbereitetes Museum mit den etwa 230 Millionen Jahre alten Fossilien-Funden der Gegend, in dem sehr anschaulich erklärt wird, wie man von den Fundstellen und der Lage der Funde Rückschlüsse auf Ereignisse rund um diese Vorfahren der Dinosaurier ziehen kann. Und auch im Informationszentrum weiter drinnen im Park erfährt man sehr Interessantes über die Arbeit der Archäologen.

Der Besuch des auch Valle de la Luna genannten Parks (auf unserer Reise nun das dritte Mondtal) findet geführt im eigenen PKW statt. Das klang für uns zuerst etwas bevormundend, erwies sich aber als eine sinnvolle und sehr informative Form: Der Guide beschloss, in unserem Auto mitzufahren, was für viele zusätzliche Möglichkeiten zum Fragenstellen sorgte und außerdem eine gute Gelegenheit bot, sich mal wieder mit einem Einheimischen über seinen Alltag zu unterhalten, denn der Mann war wirklich gesprächig. Die anderen Teilnehmer der Führungsfahrt, fünf Fahrzeuge, waren vor allem Argentinier im Urlaub und alle sehr offen und kontaktfreudig, sodass wir eine gut gelaunte Gruppe bildeten.

Talampaya Nationalpark

Man wiederholt sich, wenn man in Südamerika über die Weite der Landschaft spricht, aber diese ist einfach so beeindruckend und prägt auch so das Reisen, dass man nicht umhin kommt, sie zu erwähnen! Uns hatten es die endlos geraden und eigentlich immer leeren Straßen angetan. Manchmal konnte man sich nicht vorstellen, dass man sich einem Nationalpark mit Bergen und Schluchten näherte, aber plötzlich tauchte dann eine Abbiegung zu einem Fels in der Ferne auf, und zack erreichte man das nächste Naturmonument. – Eine hübsche, aber auch wohlbegründete Abwechslung unterwegs stellten die Warnschilder für kreuzende Tiere dar. Statt Nandu, Guanaco und Fuchs begegneten uns im Talampaya Nationalpark, der zur Provinz La Rioja gehört, aber erstmal ganz andere Tiergestalten: nämlich ziemlich lebendig wirkende Dinosaurier! Der kurze Rundweg am Eingang des Parks mit etlichen Dinos bietet sich natürlich vor allem für Familien mit Kindern an, kann aber auch sehr nett die Wartezeit auf den Start zur Fahrt durch die Highlights in Talampaya überbrücken.

Der Park kann nur geführt besucht werden, für die zwei interessantesten Runden steigt man in einen Bus, der auch über ein Panoramadeck verfügt, das auf einigen Abschnitten der Strecke genutzt werden kann. So erreicht man die verstreut liegenden Felsfiguren und Canyons und bekommt auf kleinen Spaziergängen viele sachkundige Informationen (natürlich auf Spanisch). Im Schatten eines Wüstenbaumes erwartete uns dann ein richtig leckeres Picknick mit Kürbissuppe, Nüssen, Limonade und sogar Wein für eine entspannte Mittagspause, die allen sehr gut tat, denn die Temperaturen dort steigen um diese Zeit auf deutlich über 30 Grad an!

Die schönsten Felsformationen bilden die roten Wände aus Sedimentgestein, mal längs, mal quer geschichtet und geformt. Es gibt viel zu sehen und an einigen Stellen auch zu hören, denn man kann die ausgespülten Längsrinnen zum Teil als Klangkörper für tolle Echoeffekte nutzen – was wir mit der Gruppe natürlich ausgiebig ausprobieren mussten. Ebenfalls sehr interessant waren die Petroglyphen: Der Guide erklärte uns, dass die Künstler in prähistorischer Zeit schon genau wussten, welche Felsen genügend vor starker Sonneneinstrahlung und Erosion durch den Wind geschützt waren, um die Bilder auf dem Stein lange überdauern zu lassen.

Weiterfahrt über den Paso Agua Negra nach Chile

Nach den beeindruckenden Ausflügen in die Weltkulturerbe-Parks von Talampaya und Ischigualasto kam der Tag, an dem wir Abschied vom wunderschönen Nordwesten Argentiniens nehmen mussten… Wir hatten nur noch eine Woche Zeit, um mit dem Mietauto bis nach Santiago zu fahren, und wollten ja auch noch nach Chile ans Meer! Also fuhren wir eines schönen Morgens auf der Ruta 150 nach Westen, direkt auf die Anden zu. Die Guanacos sagten vorläufig Tschüss (später würden wir wieder viele in Patagonien treffen) und die Landschaft wurde wieder schroffer und bergiger.

Zum zweiten Mal auf unserer Reise erlebten wir das umfangreiche Grenz-Gedöns: Ausreise aus Argentinien (immer eher locker und ohne Stempel im Pass) und Einreise nach Chile (immer eher pingelig und mit Stempel im Pass) in mehreren Schritten. Das größte Hindernis stellen Lebensmittel im Auto dar, also spendet man am besten den übrig gebliebenen Apfel oder die noch unter dem Sitz gefundene Orange beim chilenischen Zoll – und weiter geht’s. Am Paso del Agua Negra lagen die Posten der beiden Länder am weitesten auseinander, etwa 160 Kilometer. Dazwischen bewegt man sich gefühlt durch Niemandsland (in diesem Fall war es tatsächlich menschenleer), was sich auch deutlich am Zustand der Straße zeigte.

Da die Gegend um El Chiflón auf nur ungefähr 1500 Metern Höhe lag, mussten wir uns zum Paso del Agua Negra mit seinen stolzen 4780 Metern ganz schön nach oben schrauben. Es ist der höchstgelegene Grenzübergang zwischen den beiden Staaten. Noch dazu war die Straße eher behelfsmäßig ausgestattet, es gab Baustellen und zum Teil nicht eindeutige Abzweigungen. Als wäre das nicht genug, kam es, wie wir es nun schon fast gewöhnt waren: Ein Stück vor dem Pass hatte unser ansonsten braves Auto mal wieder einen Platten! Blöderweise war es hier ungewohnt kalt und windig, aber die wunderschön geformten Eisreste an den umliegenden Hängen munterten uns wieder auf. Ohne die Panne hätten wir diese wahrscheinlich nicht so gründlich angeschaut…

Nach dem Pass ging es weiter durch farbenfrohe Berge und völlig unbewohnte Weiten, immer noch auf Schotterstraße. Allerdings entdeckten wir auf der Suche nach einer Stelle zum Picknicken einen verlassenen Unterstand von Ziegenhirten, ein bisschen gruselig, weil alles wie gerade liegen gelassen aussah, und ein bisschen schräg, weil wir mehrere Tierschädel fanden, die zum Fotografieren einluden. – Später passierten wir einen Stausee mit ungewöhnlich grünem Wasser, und am chilenischen Grenzposten in Juntas del Toro bekamen wir einen Mitfahrer: Ein Grenzpolizist, dessen Dienst gerade zu Ende war, freute sich über die Gelegenheit, zügig in seinen Wohnort Vicuña zu kommen. Er warnte uns gut gelaunt vor unschönen Buckeln und Kanten in der Straße und erzählte Geschichten von Marihuana-Anbau in den unzugänglichen Bergregionen.

Bevor wir in Chile an die Küste bei La Serena gelangten, durchfuhren wir noch das Valle del Elqui. Hier wurde die Landschaft wieder sanfter und es gab viel Weinbau. Da wir aber schon ein wenig erschöpft von der bisherigen Fahrt waren und auch noch ein Stück vor uns hatten, machten wir tatsächlich mal gar keine Fotos! – Weiter geht’s im Kapitel „Die Mitte Chiles“.

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