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Rapa Nui – Osterinsel

Die Osterinsel oder Rapa Nui, wie der eigentliche Name lautet, war für uns immer ein sehr fernes Ziel. Über 3700 Kilometer vom chilenischen Festland entfernt mitten im Pazifik gelegen, erschien sie uns irgendwie mystisch und unerreichbar. – Als wir dann im Laufe der großen Reise über unsere noch unklaren Weihnachtspläne nachdachten, schlich sich diese Destination immer wieder in unsere Gedanken… Und nach einigem Abwägen zwischen hohen Kosten, Flugscham und „Jetzt sind wir mal relativ in der Nähe“ (momentan kann man nur von Santiago aus nach Rapa Nui fliegen) entschieden wir uns für die Insel. Eine gute Entscheidung! Schon bei der Ankunft im mild-tropischen Klima erfasste uns ein Glücksgefühl, das vielleicht auch mit den hübschen Blumenketten zu tun hatte und uns in der folgenden Woche nicht mehr verließ.





Auf Rapa Nui gibt es nur eine einzige Ortschaft, nämlich Hanga Roa an der Südwestküste. Es ist ein beschauliches Dorf mit einem ruhigen und sehr entspannten Lebensrhythmus, etlichen Läden, einem kleinen Fischerhafen und Unmengen von Hibiskusbüschen, die in allen möglichen Farben blühen. Die einzige Kirche findet man recht zurückhaltend am Rand des Ortes, in ihr verbindet sich christliche mit indigen-religiöser Symbolik. – Die vielen vorhandenen Unterkünfte für Touristen sind erfreulich an die Inselbebauung angepasst, alles ist sehr grün und größere Bettenburgen sucht man zum Glück vergeblich. So lag auch unser Häuschen zusammen mit einigen wenigen anderen Bungalows in einem großen Garten, fußläufig zum Meer!











Aber natürlich sind die eigentlichen Stars von Rapa Nui die Moai, die mehrere Meter hohen und etliche Tonnen schweren Steinfiguren mit ihrer einzigartigen Ausstrahlung! Nur fünf Minuten von unserer Unterkunft entfernt befindet sich Tahai, ein Platz mit drei großen Plattformen und insgesamt sechs Moai direkt an der Küste und mit perfekter Ausrichtung für wunderbare Sonnenuntergänge. Die Magie dieses Ortes zog uns immer wieder an, so dass wir eigentlich jeden Tag mindestens einmal dort waren, abends stets in Gesellschaft vieler anderer andächtiger Inselbesucher. Das sich verändernde Licht und die Wolken schienen dabei den Moai die Ehre zu erweisen und wir genossen diesen Anblick sehr!











Der zweite große Star von Rapa Nui ist eindeutig das Meer: allgegenwärtig, wunderschön und von der Temperatur her genau richtig, um zu Weihnachten darin zu baden. Es gibt einmal westlich und einmal östlich vom kleinen Hafen zwei sehr schöne Badestellen mit vorgelagerten Wellenbrechern, wo auch Kinder und nicht so ozeanfeste Schwimmer wie ich zum Beispiel ihre Freude haben. Außerhalb dieser Badestellen findet man in Ufernähe übrigens häufig Meeresschildkröten, die man sehr gut beobachten kann, weil sie gar nicht scheu sind. So ist es wirklich schwierig, die Aufforderung auf den Schildern am Strand zu befolgen, den Schildkröten nicht zu nahe zu kommen, selbst wenn man sich sehr bemüht.







An der Küste neben Hanga Roa befindet sich auch der Inselfriedhof – von uns zum am schönsten gelegenen Friedhof der Welt gekürt. Überall zwischen den sehr fantasievoll gestalteten Gräbern blühen gelbe Blumen und das blaue Meer rauscht im Hintergrund, hier kann man sich die ewige Ruhe tatsächlich schön vorstellen. – Allerdings fiel uns auch etwas Trauriges auf, nämlich der relativ niedrige Altersdurchschnitt der hier Begrabenen. Wir entdeckten nur wenige Grabstellen von über Achtzigjährigen und viele deutlich jüngere Verstorbene. Vielleicht war das ein Grund dafür, dass über die Weihnachtstage auch blinkende und leuchtende Lichterketten den Friedhof schmückten, was für eine ganz ungewöhnliche Stimmung sorgte.





Die Basis von Rapa Nui bilden drei in einem Dreieck angeordnete Vulkane und so lag es nahe, eine Wanderung zu einem Krater, dem Rano Kau, zu machen. Die Landschaft ist wirklich sehenswert, die Vegetation sehr abwechslungsreich und der mit Regenwasser gefüllte Krater ein echtes Aha-Erlebnis. Wir freuten uns aber ebenso über die Begleitung der anhänglichen Inselhunde!
Am westlichen Rand des Kraters befindet sich übrigens das Vogelmannsdorf Orongo. Die niedrigen massiven Rundgebäude sollen für verschiedene Zeremonien, aber auch zur Findung des neuen Inselhäuptlings, des Vogelmannes, gebaut worden sein. Dieser musste sich seinen Posten hart verdienen, indem er in einem Wettbewerb mit anderen Anwärtern erfolgreich die hohen Klippen von Orongo hinabkletterte, mit einem winzigen Binsenfloß zur Felseninsel Moto Nui schwamm, dort auf das erste Ei der Rußseeschwalbe wartete und es dann heil zurück nach Orongo brachte. Kaum vorstellbar, wenn man dort hoch über dem Pazifik steht und auf das zwei Kilometer entfernte Inselchen schaut!












Da wir uns (anders als die meisten Touristen) eine gute Woche Zeit für Rapa Nui genommen hatten, konnten wir die Insel sehr gründlich erkunden. Das ist allerdings nicht leicht, weil aufgrund vieler unguter Erfahrungen mit nachlässigem Umgang der Besucher mit den archäologischen Schätzen inzwischen Vieles verboten ist. Das ist verständlich, aber man darf sich praktisch nicht mehr auf eigene Faust bewegen bzw. nur mit dem Mietauto einmal um die Insel fahren, am besten ohne auszusteigen… Jede Form von Spaziergang wird argwöhnisch beobachtet und zum Teil auch – unnötig, wie uns ein Guide hinterher erklärte – verboten.
Trotzdem gelang es uns dann, das richtige Maß an freier Bewegung zu finden und die vielen unglaublich schönen Eindrücke rund um Rapa Nui wie die Moai von Tongariki oder das Lavagestein in all seinen Formen einzufangen. – Übrigens gibt es dort sehr viele frei laufende Pferde, die gelegentlich an der wilden Küste ihr vorzeitiges Ende finden, was man an etlichen Skeletten sehen kann. Bei den Knochen auf dem Foto haben wir allerdings ein wenig im Arrangement nachgeholfen…














Der Steinbruch der Moai, Rano Raraku, ist ein faszinierender Ort. Rund um den Berghang, an dem man die Moai aus dem Tuffstein herausmeißelte, befinden sich noch fast 400 angefangene Statuen in den unterschiedlichsten Bearbeitungsstadien. An manchen Stellen kann man suchen und knobeln, um schließlich gleich an die zehn Figuren gleichzeitig zu entdecken. Es ist ein Lost Place der ganz besonderen Art, denn man erkennt, dass die Herstellung der Moai quasi von einem Tag auf den anderen beendet worden sein muss – warum das geschah, ist nach wie vor nicht eindeutig geklärt. Und auch die vielen schon aufrecht stehenden Moai schauen irgendwie erstaunt drein, als fragten sie sich, warum man sie nicht endlich an ihren Bestimmungsort bringt.








An der Nordseite Rapa Nuis befindet sich ein weiterer Superlativ: der Sandstrand von Anakena, für uns einer der schönsten Strände der Welt! Die Bucht und das Wasser sind unglaublich sauber und in jeder Hinsicht perfekt, um ein paar völlig entspannte Stunden am und im Meer zu verbringen. Außerdem gibt es dort einen der letzten Palmenhaine der Insel und eine wunderbare Moaigruppe, die vor dem Strand Wache zu halten scheint. – Übrigens gibt es heftig umstrittene Theorien zur Kopfbedeckung der Moai, denn Hüte (wie man zuerst annehmen könnte) waren auf der Insel völlig unüblich. Mittlerweile wird vermutet, dass die wuchtigen Steine auf den Köpfen mancher Moai vielleicht Frisuren sein sollen…





Abschließend lässt sich feststellen, dass ein Aufenthalt auf Rapa Nui absolut lohnend ist! Für uns war es eine magische Woche, in der jeder Tag von Neuem interessant und stimmungsvoll war. Eile und Hektik sind hier so unbekannt wie unangebracht – und das sollte man möglichst genießen!