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Über uns

Seit etlichen Jahren hat sich das Reisen für uns zu einer gewissen Leidenschaft entwickelt. Die beiden ersten richtig großen Touren in die USA und nach Kanada haben wir noch gemeinsam mit unseren beiden Söhnen unternommen, danach sind wir zu zweit in die Welt gezogen. – Dabei hat sich für uns auf unserem ersten Asientrip nach Kambodscha und Vietnam unglaublich deutlich gezeigt, wie privilegiert wir in Europa eigentlich leben. Das ist keine große Überraschung, aber es live und direkt zu erleben, hat für uns noch einmal etwas in unserer Sicht verändert.
Eine sehr spontane Besuchsaktion einer kleinen Schule in Siem Reap, Kambodscha, die durch Hilfsprojekte aus Deutschland und der Schweiz finanziert wird, war für uns dann der glückliche Moment, in dem wir das Gefühl bekamen, dort helfen zu können, wo es besonders wichtig ist: In der Bildung von Kindern, die sonst keinen Zugang zu Schulen haben. Also übernahmen wir Patenschaften für Schüler dieser Einrichtung.
Die Suche nach solchen Projekten wurde für uns auf unseren Reisen ein bisschen zum Prinzip, sodass wir auch auf ein kleines, privates Kinderheim in Semenovka, Kirgistan, und den Hogar Semillas de Jesus in Urubamba, Peru, stießen. Beide Male waren wir sehr berührt von der unglaublichen Einsatzbereitschaft der Menschen, die diese Einrichtungen ins Leben gerufen haben und führen: Sie stellen ihr eigenes Leben komplett hintenan, um sich um Kinder zu kümmern, die sonst chancenlos wären. Dabei haben sie noch mit vielen Widrigkeiten in ihren Ländern zu kämpfen. Und auch die erstaunliche Offenheit und Zutraulichkeit der Kinder beeindruckte uns zutiefst.
So war es eigentlich ein logischer Gedanke, einen Teil der Zeit, die uns im Sabbatical zum Reisen zur Verfügung steht, in einer solchen Einrichtung zu verbringen, damit man nicht nur aus der Ferne finanziell unterstützt, sondern auch mal richtig am Alltag der Kinder teilnehmen kann. In Verbindung mit unserem Wunsch, Südamerika zu bereisen, war natürlich das Schülerwohnheim in Urubamba in Peru die beste Möglichkeit, das umzusetzen. Daher verbringen wir nun zwei Monate hier im Hogar und erleben wirklich die Welt der „Niños“.
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Buenos Aires

Flugimpressionen



Nach einem guten und problemlosen Flug mit wunderschönen Wolkenformationen geriet schließlich die Landung in Buenos Aires fast zu einem Ballett: Aufgrund eines schweren Gewitters bekam unser Flieger keine Landeerlaubnis, weshalb es zu allerlei Kringeln im Flugbild kam. Die kurzzeitig gültigen Ankündigungen, dass wir nach Cordoba (im Westen Argentiniens) oder gar nach Montevideo in Uruguay ausweichen würden, sorgten für Schreckminuten… Dann aber meldete der Pilot die Freigabe der Landung in Buenos Aires, was mit erleichtertem Applaus begrüßt wurde.
Stadtviertel San Telmo









Unser allererster Eindruck von Buenos Aires war dann nicht allzu freundlich, denn es regnete und die Stadt zeigte ein etwas winterlich-graues Gesicht. Zum Nachmittag hin beruhigte sich das Wetter, und wir konnten – ausgeruht durch die Zwangspause im Hotel – „unser“ Viertel San Telmo auf einem Spaziergang erkunden. Wir waren begeistert! San Telmo ist quicklebendig und setzt sich aus einer Mischung aus alten Häusern, vielen Graffitis und einer großen Vielfalt an hübsch renovierten und dekorierten Läden zusammen, sodass wir uns gleich wohlfühlten.
Unsere vorläufige Lieblingsentdeckung war aber die Markthalle, nur wenige Meter vom Hotel an der Plaza Dorrego entfernt. Hier findet man in authentischer Atmosphäre (wir haben kaum andere Europäer gesehen) verschiedenste Waren und Speisen. Der Favorit für uns wurde rasch ein Stand für Empanadas, die frisch, mit lokalen Zutaten und sehr lecker dort zubereitet wurden.
Übrigens haben wir die Bewohner von Buenos Aires als total entspannt und jederzeit hilfsbereit erlebt. So hat uns die Rezeptionistin im Hotel direkt empfohlen, unser Geld nicht bei ihr, sondern in einer kleinen Wechselstube um die Ecke zu tauschen. Durch diese kuriose Wechselform bekommt man glatt das Doppelte an argentinischen Pesos für seine Dollars. Da wird dann zum Beispiel das Essengehen zu einem sehr günstigen Vergnügen.
Zentrum und La Recoleta








Unsere bevorzugte Form, sich in fremden Städten fortzubewegen, ist zu Fuß zu gehen. Es fasziniert uns immer wieder, wie sich das Straßenbild von einem Viertel zum anderen wandelt und wie rasch sich, gerade in den Städten anderer Kontinente, gepflegte und großstädtische Straßen mit etwas verfallenen oder sehr ungleichen Häuserzeilen abwechseln. Außerdem ist es für uns der beste Weg, eine Stadt echt kennen zu lernen…
Am zweiten Tag in Buenos Aires haben wir uns so von San Telmo ins Zentrum mit der Plaza de Mayo als absolutem Stadtmittelpunkt vorgearbeitet. Dort findet sich allerhand Pariser Flair und auch palastartige Gebäude prägen das Bild, wie zum Beispiel das Teatro Colón oder der Palacio Barolo.
Der Übergang von dort nach La Recoleta zeigt dann sehr gemischte Häuserfronten, häufig und in recht originellen Formen haben wir die 50er/60er-Jahre im Baustil entdeckt. Das Spektakulärste für uns war aber in diesem Viertel der Cementerio de la Recoleta, eine wahre Friedhofsstadt mit ehemals pompösen Grabmalen, die inzwischen häufig dem Verfall preisgegeben sind – morbider Charme! In vielen kann man sogar noch die Särge sehen.



Eine super positive Überraschung war für uns das Mittagessen in einem Restaurant direkt gegenüber vom Friedhof: Wir erwarteten eigentlich üblen Touri-Nepp, da der Friedhof zu den Toptipps der Stadt gehört und entsprechend touristischer Betrieb herrscht, aber wir waren zu hungrig, um länger zu suchen. Also ließen wir uns von eifrigen Kellnern in ein Restaurant ziehen – und bekamen ein sensationell leckeres und vom Preis her absolut faires Essen mit kleinem Grill am Tisch, auf den Punkt gebratenen verschiedenen Sorten Fleisch und dazu Grillkartoffeln, Zwiebeln und Tomaten ohne unnötiges Beiwerk. Selten so gut gegessen!
Stadtviertel La Boca











Für den dritten Tag war Sonne angekündigt, die sich an den Tagen davor nur gelegentlich gezeigt hatte, also machten wir uns auf den Weg nach La Boca, einem Arbeiterviertel mit großer Liebe zum Fußball und zu bunten Farben. Zugegeben: Auf dieser Strecke zweifelte ich ein paarmal am Zu-Fuß-Geh-Prinzip, da wir doch allerhand wirklich ärmliche Ecken durchquerten. In Südamerika heißt arm eben tatsächlich arm, dementsprechend gab es zahlreiche Häuser, deren Fenster mit Brettern vernagelt waren, kreativ zusammengeflickte Haustüren und viel Müll in den Straßen. Beeindruckend ist es dann, wenn völlig normal und ordentlich aussehende Menschen aus solchen Häusern kommen und freundlich grüßen. Auch roch es an jeder Ecke lecker nach Gegrilltem aus den Straßenküchen – und niemand machte Anstalten, uns zu überfallen!
Das Herz von La Boca ist zum einen das knallig blau-gelb gestrichene Fußballstadion und zum anderen der Kern des Viertels, nämlich die alten Wellblechhäuschen, die ihre fröhlichen Farben der Tatsache verdanken, dass die Hafenarbeiter früher zum Teil mit Farbresten bezahlt wurden. – Diese Häuser und Farben sind mittlerweile nicht mehr überall authentisch, denn der Tourismus hält energisch Einzug in La Boca. Der Charme aber bleibt, nicht zuletzt wegen der vielen Graffitis, die häufig den Fußballgöttern Diego Maradona und Lionel Messi gewidmet sind (und nur gelegentlich dem argentinischen Papst Franziskus). Auch der legendäre Tango begegnete uns hier in Vorführungen auf der Straße oder als Riesenbild an einer Hauswand.
Stadtviertel Puerto Madero



Zu guter Letzt marschierten wir zum neu gebauten Hafenviertel Puerto Madero. Von der Idee her erinnerte es uns an die Docklands in London: etliche alte Kräne, die an die ehemalige Funktion als Hafen erinnern, dazu viel moderne Architektur. – An jenem Tag hielt sich die Ausstrahlung dieses Viertels eher in Grenzen, was aber vermutlich am kalten Wind und dem grauen Himmel lag. Die zahlreichen Cafés, Kneipen und Bars entlang des Hafenbeckens zeigen sich im argentinischen Sommer bestimmt deutlich belebter!
Der Abschied von Buenos Aires fiel uns nicht ganz leicht. Die Stadt hat eindeutig unsere Herzen erobert und wir freuen uns schon auf ein Wiedersehen am Ende unserer Südamerikatour.
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Peru

Von Arequipa bis Cusco
Bevor wir unseren zweimonatigen Aufenthalt in Urubamba antreten würden, wollten wir uns ein bisschen in Ruhe an Peru und vor allem an das Höhenklima gewöhnen. Erste Station dafür war Arequipa, die weiße Stadt, die uns schon bei unserem ersten Besuch 2017 sehr gefallen hatte und sich mit ihrer Lage auf gut 2300 Höhenmetern auch ideal für eine sachte Eingewöhnung eignet.
Unser Hotel lag direkt an der Plaza de Armas, was wunderschön ist, weil es rund um die Uhr etwas zu schauen gibt – aber natürlich ist auch einiges zu hören, darauf sollte man sich einstellen…











Unser knapp zweitägiger Besuch in Arequipa war eine Mischung aus dem Wiedererkennen von schönen und sehenswerten Stellen, die wir bereits kannten, wie den zahlreichen Kirchen mit ihren prächtigen Vorplätzen oder dem Markt, aber auch der Entdeckung von Neuem: So spazierten wir auf der Suche nach einem Kloster, das dann leider geschlossen war, zum Mirador de Yanahuara. Dort bietet sich ein großartiger Blick über die Stadt und auf den Vulkan Misti, der majestätisch im Hintergrund thront und dem Arequipa sein weißes Vulkangestein verdankt. Gleichzeitig ist der Kirchplatz von Yanahuara aber auch ein beliebter Treffpunkt von Jung und Alt.



Auf der Fahrt
Nach unserer Stippvisite in Arequipa übernahmen wir dann morgens unser Mietauto für den Weg bis Cusco. Es ist eigentlich ideal, selbst zu fahren, weil man einfach auch selbst bestimmt, wann man wohin fährt, wen man vielleicht unterwegs mitnimmt und wie oft man anhalten möchte, um die sagenhafte Landschaft, Lamas, Alpakas, Menschen… zu fotografieren.
Wir hatten uns für das erste Wegstück bis Chivay (am Eingang zum Colca Canyon) zwei Zwischenstopps ausgesucht: einmal beim Capua Wasserfall und dann beim Bosque de Piedras de Puruña. Leider wurde der Wasserfall zum Reinfall, da Google Maps uns hier abenteuerlich mitten ins Nichts lotste. Zwar erreichten wir kraxelnd und fluchend eine Stelle, an der man Wasser rauschen hörte, es war aber schlicht unmöglich, auf diese Weise richtig an den Fall heranzukommen. Merke also: auch Google Maps ist nicht unfehlbar!
Ziemlich enttäuscht fuhren wir weiter bis zur Straßenkreuzung Puno-Chivay, an der es außer üppig Alpakas auch eine nette kleine Raststätte gibt. Dort fragten wir nach dem Bosque de Piedras, fanden dann aber die Wegbeschreibung (inklusive Abzweigungen auf einer nicht genau ausgeschilderten Schotterpiste) doch etwas vage, sodass wir uns entschieden, dieses weitere Risiko nicht einzugehen. – Da hatten wir allerdings nicht mit der super netten Raststätten-Familie gerechnet! Man fand es offenbar so schade, dass wir uns den Steinwald entgehen lassen wollten, dass einer der Söhne uns anbot, uns zu begleiten und als spontaner Führer zu dienen. Das war ein Hauptgewinn, denn so war es ein Leichtes, den Weg zu finden, und der Steinwald begeisterte uns total!





Über die Anden nach Chivay
Noch ganz erfüllt von den beeindruckenden Felsen des Bosque de Piedras, die fast wie ein Skulpturengarten erschienen, machten wir uns auf das letzte Wegstück für diesen Tag: Über weite Andenhochflächen und den Pass de Patapampa mit dem Mirador de los Volcanes auf knapp 4900 Metern dann hinunter nach Chivay, das als Tor zum Colca Canyon bekannt ist. – Wir lieben an den Anden die unglaubliche Weite, die kargen Flächen mit ihren gelben oder graugrünen Grasbüscheln, wo immer wieder Lamas, Vicuñas und Alpakas weiden, und die Tatsache, dass auch hinter jeder Wegbiegung spannende neue Felsformationen, andere Farben der Landschaft und unerwartete Aussichten auf uns warten.
Da die Tage in Peru kurz sind und es bereits um 18 Uhr rasch dunkel wird, mussten wir uns etwas sputen. – Es ist auf den völlig unbeleuchteten Straßen, auf denen zum Teil auch völlig unbeleuchtete Fahrzeuge unterwegs sind, einfach sehr unangenehm, im Dunklen zu fahren. So begegneten uns auf dem allerletzten Stück vor unserer Unterkunft auch tatsächlich Bauern mit Eselkarren und andere Fußgänger mit Ziegen oder Kühen, die man erst spät erkannte.
Umso glücklicher waren wir, als wir das Hotel El Refugio erreichten, dass verborgen und sehr idyllisch an einem Fluss liegt. Der Bonus hier war eindeutig, dass das Hotel eigene Thermalquellen hat, sodass wir uns direkt im heißen Wasser vom langen Tag erholen konnten.






Von Chivay nach Checacupe
Nachdem wir am nächsten Morgen bei Tageslicht die ganze Schönheit der Umgebung unseres Hotels entdeckt und nochmal das warme Wasser der Thermalbecken genossen hatten, ging es nach einem kurzen Einkaufsstopp in der Markthalle von Chivay weiter: Es lag eine lange Strecke über die Berge bis in das Zufahrtstal nach Cusco vor uns, und wir waren uns nicht ganz im Klaren über den Straßenzustand.
Gleich nach Chivay stießen wir auf ein Buschfeuer, dessen Schein uns schon am Vorabend aufgefallen war. Der Brand, der sich in einer langen Linie den Berg hinunter fraß, qualmte ganz ordentlich, schien aber unter Kontrolle zu sein.


Nach einem Stück auf schnurgerader Teerstraße, das uns an die USA erinnerte, trafen wir in der nächsten Ortschaft, wo es wegen einer Baustelle direkt vorbei war mit der Traumstraße, auf unsere erste Mitfahrerin. Mit ihr rumpelten wir kurz und fröhlich über eine Umfahrung, bis sie uns wieder verließ.
Im Weiteren fuhren wir dann durch spektakuläre Landschaften voller beeindruckender Felsformationen – die Straße selbst wurde dabei immer schlechter, lange Zeit hatten wir es mit einer staubigen Piste zu tun.





Nach mehreren Stunden in großer Einsamkeit, wo uns außer einer netten jungen Mitfahrerin mit Baby eigentlich nur Lamas begegneten, ging es bergab ins Tal und damit zurück in dichter bewohnte Regionen.





Von unserem ersten Perutrip her hatten wir das Tal des Urubambaflusses recht schön in Erinnerung… Dieses Mal fielen uns eher die wirklich hässlichen Ortschaften auf, in denen kaum ein fertig gebautes Haus steht. Stattdessen aber prägen jede Menge unverputzte Rohbauten mit in die Luft ragenden Metallstäben das Bild. Auch die Vermüllung der Dörfer und die große Anzahl an Straßenhunden schockierte uns ein bisschen. Sehr schade, dass die Menschen offenbar so arm sind!
Trotzdem gibt es auf dem Weg durch das Tal zum Beispiel bei Combapata Schönes zu sehen wie eine alte Hängebrücke aus Seilen nach Art der Inka. Leider war sie zum Zeitpunkt unseres Besuchs etwas in Auflösung begriffen, sodass ich dann doch nicht ganz den Fluss überquert habe.



Angekommen in Checacupe und in der gleichnamigen Casona fühlten wir uns auf Anhieb wohl. Das kleine Hotel befindet sich in einem alten Bauerngehöft und ist mit seinem gemütlichen Innenhof eine echte Oase. Hier wird man von der Chefin Mariela herzlich umsorgt und abends nach Wunsch auch lecker bekocht. Wir hatten zusätzlich noch das Glück, dass am ersten Abend eine Familie aus dem Elsass und am zweiten Abend eine Familie aus Karlsruhe dort übernachtet hat, sodass wir es gesellig hatten und uns über die weiteren Reisepläne austauschen konnten. Auch mal schön!
Fiesta in Tinta
Für den nächsten Tag hatten wir einen Ruhetag eingeplant, wollten aber auch etwas Interessantes unternehmen. So landeten wir einige Kilometer vor Checacupe in dem kleinen Ort Tinta, wo die Fiesta de San Bartolomé gefeiert wurde. – Eine solche Fiesta sollte man sich nicht entgehen lassen! Hier ist alles auf den Beinen, wirft sich in Schale und feiert, was das Zeug hält. Wenn man dann noch ein bisschen Glück hat, ist man der einzige „Gringo“.






Von der Landstraße her gesehen wirkt Tinta zunächst unscheinbar, im Dorfzentrum versteckt sich aber ein stattliches Kirchenduo neben der typischen Plaza de Armas. Hier findet zu Ehren von San Bartolomé jedes Jahr ein riesiger Festumzug statt, bei dem nicht nur große Figuren in einer Prozession herumgetragen werden, sondern auch eine ganze Reihe von Musikgruppen aufspielen. Da jede gleichzeitig ihre Lieder spielt, entsteht ein wunderbar chaotischer Eindruck wie bei Guggenmusiken. In Tinta kamen schließlich alle Gruppen auf dem Kirchplatz zum Stehen, wo sie sich zu einem wilden Finale begegneten. – Ein mitreißendes Spektakel!









Das zweite Standbein einer ordentlichen Fiesta ist der Markt. An den unzähligen bunten Ständen wird alles Mögliche angeboten: Natürlich gibt es viel Obst und Gemüse, aber auch Töpferwaren, Kleider, Hüte, Taschen und vieles mehr. In diesem Bereich findet man vor allem Frauen aller Altersgruppen, die in der Regel traditionell gekleidet sind und diverse Lasten – auch Babys und Kleinkinder – in ihren bunten Tragetüchern transportieren.
Neben dem Handel bietet der Markt selbstverständlich beste Möglichkeiten, Klatsch und Tratsch auszutauschen, und auch für das leibliche Wohl ist gesorgt. In Peru ist gutes Essen oft gleichbedeutend mit deftigen Fleischgerichten (inklusive Meerschweinchen), es gibt aber ebenfalls leckere Suppen und vegetarische Varianten mit Kartoffeln, Mais und Käse.






Die Fiesta in Tinta bot sogar noch ein drittes Ereignis, eine Corrida, also einen Stierkampf. Nachdem wir davon erfahren hatten, suchten wir uns an einem Berghang einen guten Platz mit Sicht auf die Arena (immer der Menschenmenge hinterherlaufen, dann findet man diese) und ließen uns dort nieder. In der folgenden Stunde lernten wir dann, dass das Warten auf den Stierkampf auf jeden Fall schon mit dazugehört, denn um uns herum wurde munter gepicknickt und niemand schien ernsthaft mit einem pünktlichen Beginn zu rechnen.
Interessant ist es auch, dass in Peru bei jeder Art von Menschenansammlungen wie aus dem Nichts zahlreiche fliegende Händler mit Getränken, Eis, Kuchen und allerlei mehr auftauchen. Man staunt dann, dass alle, die vorher schon auf dem Markt gegessen haben, offenbar noch fröhlich weiterfuttern können. – Aber irgendwann beginnt mit großem Applaus der Stierkampf, der zunächst den Anfängern sowohl bei den Toreros als auch bei den Stieren ihren Auftritt lässt und sich dann langsam steigert.
Wir kehrten am späten Nachmittag erfüllt nach Checacupe zurück und hatten nach den zwei Tagen in den Bergen nun eine Menge neuer Eindrücke getankt.
Die Montañas de siete colores bei Palcoyo





Unser letzter Tag vor der Ankunft in Cusco war noch einmal der Natur gewidmet: Wir wollten die berühmten Rainbow Mountains besuchen. Zu unserem großen Glück hatten wir über die Elsässer von einer noch nicht so bekannten und überlaufenen zweiten Möglichkeit erfahren, nämlich bei Palcoyo. Die Anfahrt dorthin ist länger, aber absolut lohnend, denn man schlängelt sich auf unbefestigter Straße durch ein wunderschönes Tal hinauf. Hier gibt es bereits soviel zu sehen, dass man das aufregende Ziel kurzzeitig fast vergisst…
Wir hatten übrigens auf der ganzen Strecke einen jungen Einheimischen mit an Bord, der uns half die „einfache“ Abzweigung auf die Piste zu finden und ganz stolz auf sein Dorf auf 4500 m Höhe war. – Zurecht, wie wir fanden, denn hier oben, wo das Leben ohnehin hart und anstrengend ist, sind viele Häuser schön hergerichtet und liebevoll mit bunten Bildern bemalt. Auf uns wirkte Palcoyo deshalb richtig fröhlich.








Oben angekommen bot sich uns vom ersten Moment an ein unglaublicher Ausblick. Man muss vom Parkplatz nur eine Treppe hinter sich bringen und schon sieht man den ersten Regenbogenberg! Es folgen zwei weitere, aber auch diverse rot gefärbte Hänge und ein Bosque de Piedras ergänzen die atemberaubende Landschaft. Eigentlich weiß man gar nicht, wohin man zuerst schauen soll.





Wenn man zum Bosque de Piedras hinaufsteigt, erreicht man den höchsten Punkt der Wanderung auf knapp 5000 m, was gut zu schaffen ist. Man sollte sich eben Zeit lassen und akzeptieren, dass man alle paar Meter stehen bleiben muss, um zu verschnaufen… Das Panorama, das sich dort oben bietet, ist sicher mit das schönste, das wir je gesehen haben: Nicht nur, dass man nun den Blick von oben auf alle Schattierungen der umliegenden Berge hat, sondern am Horizont zeigt sich eine Kette von schneebedeckten Gipfeln der Cordilleras Blancas. – Was für ein idealer Ort, um eine Weile sitzen zu bleiben und zu vespern!





Aber schließlich machten wir uns wieder auf den Rückweg und entdeckten im Tal von Palcoyo noch allerlei Interessantes, z.B. blieben die heimkehrenden Schulkinder gern neben dem Auto stehen, um kurz Hallo zu sagen. Auch die Hänge mit den steilen Terrassenfeldern, die sich bis in enorme Höhen den Berg hinaufziehen, beeindruckten uns. Die Feldarbeit hier oben ist bestimmt eine Herausforderung für die Bauern, zumal fast alles von Hand gemacht wird (auch gepflügt wird mit Menschenkraft und einem Ochsengespann).
Unser Tag endete nach einer ordentlichen Fahrt in Andahuaylillas, wo wir müde, aber sehr zufrieden übernachteten.
Cusco
Den Abschluss unseres ersten Reiseteils bildete Cusco, die einstige Hauptstadt der Inkas. Auch dieser Stadt nähert man sich durch das übliche Gewühl von dicht bebauten Straßen, bei denen nicht ersichtlich ist, ob jemals jemand einen Plan für die Bebauung hatte… Aber wir fanden eine tolle Autowaschanlage für unseren Mietwagen: Nachdem wir an etlichen Reklameschildern ohne tatsächliche Waschmöglichkeit vorbeigefahren waren, entdeckten wir eine in einem Hinterhof. Dort putzten Onkel und Neffe in weißen Gummistiefeln mit echter Hingabe unser Auto, traumhaft!


Cusco selbst ist eine großartige Stadt! Es gibt eine weitläufige Altstadt, die immer wieder einen Bummel wert ist, und die Plaza de Armas gehört sicher zu den schönsten Plätzen der Welt. Hier herrscht immer buntes Leben, die zwei großen Kirchen verleihen allem eine wunderbare Atmosphäre und die kolonialen Bürgerhäuser an den übrigen zwei Seiten mit ihren Restaurants und Cafés ergänzen das Ensemble. – Leider erinnert einzig der Brunnen auf der Platzmitte mit seiner Statue von Túpac Amaru, dem letzten Inkaherrscher, daran, dass die Stadt eigentlich keineswegs den spanischen Eroberern gehörte. Die von ihnen angerichteten Zerstörungen im „Namen Gottes“ bilden ein ganz trübes Kapitel der peruanischen Geschichte.







Auch abseits der Plaza de Armas ist viel Schönes zu finden. Ganz ruhige Gassen wechseln sich mit sehr belebten Straßen voller Geschäfte ab, in denen man unter anderem Kunsthandwerk und jede Menge Strickwaren aus Alpakawolle kaufen kann. Immer wieder stößt man auf weitere Plätze und Tore, die das Stadtbild gliedern. Und zurück auf dem Hauptplatz kann man sich durchaus über ein VW-Käfertreffen freuen, das leicht nostalgische Gefühle auslöst, weil es die guten alten Käfer ja in Deutschland kaum noch gibt. In Cusco tummeln sich natürlich reichlich Touristen, was aber der authentischen Ausstrahlung der Stadt nichts anhaben kann!










Selbstverständlich fehlt in keiner peruanischen Stadt ein großer Markt, hier in einer Halle untergebracht. Die unterschiedlichen Stände begeistern uns immer aufs Neue und witzig finden wir vor allem, dass es praktisch Themengassen gibt: Dort reihen sich dann zig Käse- oder Gewürzstände aneinander. Dabei scheint kaum Konkurrenzdenken zu herrschen, denn wenn man an einem Stand mit seinen Wünschen nicht erfolgreich ist, wird man freundlich an die Nachbarn verwiesen. Es kann vorkommen, dass dann zwei oder drei Marktleute mit in die Beratung einsteigen. Die Fleischgasse fordert europäische Augen manchmal etwas heraus, denn Pferdenasen, Schafsköpfe, Schweinefüße und Berge von frischen Innereien sind auf diesen Verkaufstischen keine Seltenheit.





Sonntags ist die Plaza de Armas allen möglichen Feierlichkeiten gewidmet. Es heißt, dass es in Cusco jährlich mehr Feste als Tage gibt! Wir konnten einen großen Aufmarsch zu Ehren des Geburtstags der Guardia Civil anschauen, der mehr als zwei Stunden dauerte und wahrscheinlich den Großteil der Cusqueños mobilisierte. Besonders niedlich fanden wir die Kleinsten, die sich bereits im Stechschritt zur Marschmusik üben, auch wenn das insgesamt ein bisschen albern auf uns wirkt. Und übrigens: Die Regenbogenfahne hat hier nichts mit LGBTQ… zu tun, sondern ist die Fahne der Inkas!



Wenn die Peruaner sich in Bildern ausdrücken, tun sie das überaus farbenfroh! Man findet praktisch in jeder Stadt tolle Graffitis, die das Lebensgefühl zeigen und auch politische Botschaften beinhalten können.



Wer Cusco besucht, kommt nicht an Sacsayhuamán vorbei: Die Inkafestung, deren Bau Mitte des 15.Jahrhunderts begonnen wurde, ist auch in ihrem jetzigen Zustand als Ruine wirklich beeindruckend! Manche der gigantischen Steinquader sollen über 100 Tonnen wiegen und es ist kaum vorstellbar, wie die Inkas diese quasi fugenlos aufeinander fügten. Sacsayhuamán soll ursprünglich als Kultstätte geplant gewesen sein, wurde dann aber als Festung im Kampf gegen die Spanier genutzt. Interessanterweise haben übrigens die Inkamauern, die sich auch in der Altstadt in den Fundamenten der Kolonialbauten finden, sämtlichen Erdbeben standgehalten, so sauber sind die Steine einander angepasst.








Heute ist Sacsayhuamán nicht nur für die Touristen ein beliebtes Ziel, sondern die Cusqueños verbringen hier gerne ihre Wochenenden (sie müssen keinen Eintritt bezahlen). Dabei nutzen die Kinder ganz ohne Respekt vor der Geschichte die ehrwürdigen Felsen als Rutschbahn und Jugendliche suchen sich ruhige Ecken, um Tänzchen für Instagram zu üben. – Das alles ist Cusco!
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Peru – Urubamba Hogar

Ende August war es dann soweit: Wir verließen Cusco und fuhren nach Urubamba ins Kinderwohnheim Hogar Semillas de Jesus, wo wir für zwei Monate ein bisschen unterstützen, spielen, helfen und einfach Zeit mit den Kindern verbringen wollten, die dort unter der Woche und teils auch am Wochenende wohnen.
Urubamba ist ein tolles Städtchen: Mitten im Valle Sagrado gelegen bieten sich Ausflüge in alle Richtungen an. Das Urubambatal ist weit und hell, die umliegenden Berge bilden bei jedem Wetter ein beeindruckendes Panorama und der Ort selbst ist mit seinen ungefähr 8000 Einwohnern noch beschaulich, aber groß genug, um eine ordentliche Anzahl an Geschäften aller Art, Cafés, Restaurants sowie einen täglichen Markt in den Gassen zu bieten. Die obligatorische Plaza de Armas ist ausgesprochen hübsch mit Palmen, Bänken, einem Brunnen und halt immer voller peruanischen Lebensgefühls. Das klassische Fortbewegungsmittel sind die Moto-Taxis, die man überall und zu jeder Zeit findet. Der billige Festpreis führte dazu, dass wir sie häufig nutzten und zum Schluss gefühlt sämtliche Tok-Toks der Stadt kannten – und das sind viele!








Aber nun zum Wichtigsten: dem Hogar selbst. Er wurde in den frühen 2000er Jahren von der Mutter der jetzigen Leiterin Rosa gegründet, die leider schon verstorben ist. Nun führt „Mama Rosi“ gemeinsam mit ihrer Schwester „Mama Gabi“ den Hogar mit sehr viel Herz, Liebe zu den Kindern und schier unermüdlichem Einsatz. Es gibt kein Problem, für das Mama Rosi keine Lösung hat! – Zurzeit wohnen 20 Kinder im Alter von sechs bis siebzehn Jahren im Hogar und bilden eine sehr lebendige, laute und meistens ziemlich fröhliche Familie. Die Eltern der Kinder sind zum größten Teil Bauern, die in den Bergen um das Valle Sagrado ihre Höfe bewirtschaften. Diese liegen sehr abgelegen auf bis zu 4500 Metern Höhe, was dazu führt, dass die Kinder Schulwege von bis zu dreieinhalb Stunden (ein Weg!) haben. Wir bekamen später die Gelegenheit, das auszuprobieren, und waren hinterher ziemlich platt… Es leuchtet ein, dass diese Kinder schlichtweg nicht zur Schule gehen würden, wenn sie solche Wege in Kauf nehmen müssten. Daher bietet der Hogar eine unglaublich wertvolle Möglichkeit für die Familien, zumal die meisten wirklich arm sind und sich keine finanzielle Unterstützung für ihre Kinder leisten können.
Alltag im Hogar






Der Alltag im Hogar ist straff, aber liebevoll organisiert. So helfen die großen Mädchen den kleineren morgens regelmäßig und mit viel Geschick, ihre Haare zu bändigen. Jedes Kind hat seine Pflichten im Haushalt und selbst die Kleinsten müssen beim Wäschewaschen mithelfen! Nach den gemeinsamen Mahlzeiten ist es selbstverständlich, dass jede und jeder das eigene Geschirr spült und versorgt, wobei viele Späße und Neckereien an der Tagesordnung sind. Unterstützung gibt es von allerlei guten Geistern wie Naida, die den Hogar von Grund auf sauber hält, und der Köchin Wilma, die unerschütterlich riesige Töpfe mit Essen zubereitet. – Die Eltern leisten übrigens auch in ihrem Rahmen einen Beitrag zum Funktionieren des Hogarlebens. So bringen sie Lebensmittel wie Kartoffeln und Zwiebeln, helfen bei Instandhaltungsarbeiten und sind aktiv an der Vorbereitung von Schulfesten beteiligt.











Und natürlich spielt die Schule eine große Rolle im Leben der Kinder. Am Nachmittag lernen sie in zwei Gruppen und machen unter Aufsicht ihre Hausaufgaben, was ebenfalls ziemlich wertvoll ist, denn in ihren Elternhäusern hätte vermutlich niemand Zeit für Hilfe – oder die Kinder kommen aus Familien, in denen hauptsächlich Quechua gesprochen wird, weshalb die Eltern sie nicht bei Hausaufgaben auf Spanisch unterstützen könnten. Wir halfen vor allem den Kleinen, die sich viel mit dem Lesenlernen plagen, oder bei Aufgaben in Mathe. Aber auch bei Monsteraufgaben wie einem Tukankostüm mit einfachen Mitteln für Guido oder einem Nachbau sämtlicher Bücher der Bibel waren wir im Einsatz, was uns Isvenia mit einem breiten Lächeln dankte. Außerdem schätzten die jüngsten Mädchen jederzeit eine kleine Vorleserunde, auch wenn meine spanische Aussprache immer wieder verbesserungswürdig war… Der Kuschelbedarf der Kinder war groß, wogegen wir natürlich nichts einzuwenden hatten, und ihr Bewegungsdrang stellte manchmal meine Geduld ganz schön auf die Probe, denn häufig wurden Hausaufgaben regelrecht geturnt!


















Begeistert hat uns immer wieder, dass die Kinder unheimlich schön spielen können. Es sind kaum Anleitungen oder gar Spielsachen nötig, schon eine gelüftete Matratze dient als Basis für ausgiebige Fantasiereisen. Dabei wird seltenst gestritten und beim Fangspiel „descongelada“ beteiligen sich alle Altersgruppen ohne ständige Unterbrechungen, um die Regeln neu auszudiskutieren… Spielen ist hier einfach, den Moment zu nutzen, um miteinander zu lachen und zu toben.



Ab und zu kommen auch unter der Woche Eltern zu Besuch, wenn sie zum Beispiel in Urubamba auf den Markt gehen. Für uns war es dann faszinierend zu sehen, wie sehr dabei zwei Welten aufeinanderprallen, wenn die Mütter und Väter in ihren Trachten im Hogar erschienen, um ein bisschen mit den modern gekleideten Kindern zu plaudern – meist auf Quechua.
Das Leben im Hogar besteht, wie man sich denken kann, nicht nur aus Alltag. Gerade für Rosi ist es auch wichtig, gemeinsame Momente zum Reden und Genießen zu schaffen, wie ein leckeres Sonntagsessen mit allen, die sonst noch hier wohnen. Außerdem hat bei so vielen Menschen eigentlich ständig jemand Geburtstag, was generell mit Torte und Gesang gefeiert wird. – Etwas Besonderes ist ein 15.Geburtstag, hier der von Flor. Da wird dann geschmückt, alle ziehen sich hübsch an, die Familie reist an und natürlich darf weder die Piñata mit Polonaise noch Tanz fehlen!





Besondere Aktionen im Hogar
Da der Alltag viel von Pflichten geprägt ist und natürlich auch allgemein Sparsamkeit regiert, haben wir manchmal versucht zum Beispiel beim Essen ein bisschen für Abwechslung zu sorgen. Beliebt bei allen war Obstsalat: Wir hatten schon Spaß daran, auf dem Markt in Urubamba einzukaufen, und die Kinder fanden vom Schnippeln bis zum Essen eigentlich alles gut. Auch Schokopudding mit Banane oder Ananas war ein echtes Highlight. Außerdem wurde Marmelade, hier mit frischen Erdbeeren, in gemeinsamer Aktion selbst gemacht. An einem Sonntag haben wir dann Spaghetti Bolognese für alle gekocht – inklusive Einsatz eines Riesentopfes im Hinterhof, denn der Küchenherd reichte nur für die Soße…








Einzug der Hühner in den Hogar
Der Hogar und die Hühner – das war so ein Thema… Es gab einen alten und ziemlich defekten Hühnerstall und Rosi wünschte sich schon länger wieder Hühner, um regelmäßig Eier für die Kinder zu haben. Also nahm sich Stefan dieser Aufgabe an, die sich als ganz schön langwierig herausstellte: Zum einen gab es fast kein Werkzeug im Hogar, zum anderen existieren in Peru natürlich keine Baumärkte wie bei uns. Also erkundeten wir in den folgenden Wochen so ziemlich sämtliche Ferreterias (Eisenwarenläden) und Madererias (Schreinereien) von Urubamba. Nach einer Weile kannte man uns dort und grinste uns freundlich entgegen, weil wir immer wieder Riegel, Scharniere, Schrauben, Nägel, Schnur und Maschendraht kauften. – Schließlich war es soweit, der Stall stand einzugsbereit da. So gingen wir mit Rosi auf den Markt, um zwischen Hunderten von Küken die vier richtigen auszusuchen. Diese landeten zunächst in einem Karton und dann im Hühnerstall, Stefan und ich waren direkt in die Hühnerchen verliebt und benannten zwei nach uns. Bezeichnenderweise ist mein Huhn das neugierigste, Stefans sieht die Dinge entspannter und wartet eher ab. Inzwischen sind es große Hühner, machen alles gemeinsam und „zwitschern“ uns aufgeregt an, wenn wir kommen. Nur die ersten Eier werden wir wohl nicht mehr mitbekommen, schade!











Besuch bei einer Familie in Yanamayo
Wie schon weiter oben erwähnt, wussten wir ja, dass die Hogar-Kinder sehr weite Wege hätten, wenn sie vom Elternhaus aus in die Schule gehen würden. Nun ergab sich zum Glück die Gelegenheit für uns, eine der Familien, nämlich die von Flor, Pamela und Alexander, mal zu Hause zu besuchen! Wir starteten früh um halb sechs zunächst unspektakulär mit dem Colectivo nach Ollantaytambo, wo es dann spannender wurde: Der „Carro“ für die Weiterfahrt stellte sich als simpler Lastwagen heraus, und die meisten Leute stiegen tatsächlich ohne Zögern auf die Ladefläche. War das ernst gemeint? – Aber der Vater von Flor hatte umsichtig gedacht und uns zumindest einen Platz in der Fahrerkabine reserviert. Ein Luxus also, zu fünft dort vorne zu sitzen! Und ein besonderes Erlebnis, eine Zehnjährige knapp zwei Stunden lang während der Fahrt auf einer Piste auf dem Schoß zu haben… Dafür hatten wir einen wirklich guten Fahrer, der sehr vorsichtig durch die unzähligen Serpentinen lenkte und uns mit seinen interessierten Fragen über Europa von der Länge der Fahrt ablenkte. Schließlich hielt er freundlich lächelnd im Nirgendwo und ließ uns aussteigen – wo sollte es weitergehen?








Kein Problem für Flor und Pamela! Sie steuerten zielstrebig einen Pfad um den nächsten Berg an und wir hechelten auf knapp 4500 Meter hinterher, vor allem Pamela sprang wie ein junges Alpaka den Hang hinauf. – Die Landschaft war grandios und entschädigte für die lange Fahrt. Selbst die Wolken verliehen dem Ganzen eine mystische Atmosphäre und die Luft dort oben ist einzigartig!









Nach einer guten halben Stunde Fußmarsch erreichten wir dann das Ziel: den Hof der Familie! Die Mutter begrüßte uns herzlich mit Tee und Gewürzbrot, die Mädchen schlüpften in ihre Heimatkleider und damit auch in ihre andere Rolle, nämlich als Helferinnen der Mutter, die gerade dabei war, für ein größeres Dorffest zu kochen. So konnten wir dabei zuschauen, wie auf einem mittelalterlichen Herd und mit einfachsten Möglichkeiten eine erstaunliche Vielfalt an Speisen zubereitet wurde. Natürlich blieb es nicht beim Anschauen, wir durften alles probieren und bekamen leckere Maisküchlein, Kartoffeln mit Käse und schließlich auch paniert gebratenes Alpaka sowie gegrilltes Meerschweinchen. Alles Zutaten für ein Festessen, wie es dort nicht alltäglich ist. Zwischendurch schauten wir uns unter Pamelas Führung im winzigen Haus und auf dem Hof um. Die Familie lebt dort ohne Toilette oder Badezimmer, ohne Strom und fließendes Wasser auf dem Berg, natürlich auch ohne Internet und Handynetz. Für uns erschien es wie ein Freilichtmuseum, aber es repräsentiert das raue und harte Leben vieler andiner Bauern.














Den Rückweg vom Berghof nach Ollantaytambo und dann nach Urubamba brachten wir dann schon etwas routinierter hinter uns. Erschöpft, aber sehr beeindruckt kamen wir wieder im Hogar an: Der Ausflug hatte insgesamt knapp zwölf Stunden gedauert und fast acht davon entfielen auf den Weg! Das bewies nicht nur, dass es unmöglich täglich zu bewältigen ist, sondern zeigte uns auch, wie anstrengend selbst Wochenendbesuche für die Kinder sind – und wie sehr sie regelmäßig zwischen zwei völlig verschiedenen Welten hin und her switchen.
Schulalltag
Die Hogar-Kinder besuchen insgesamt sechs verschiedene Schulen, wodurch auch der Schulalltag recht unterschiedlich aussieht. Eine Fünfergruppe wird sogar mit dem Mototaxi abgeholt, was erstmal schick klingt. Allerdings sieht man schnell, dass es mit fünf Kindern plus Fahrer dort auch gut eng zugeht… Anschnallen ist übrigens ein absolutes Fremdwort! Wir selbst waren täglich zu Fuß beteiligt: Morgens begleiteten wir eine Vierergruppe nach Palccaraqui, eine ländlich gelegenen Grundschule, wo es vor dem Unterricht immer sportlich geprägte Vollversammlungen mit Musik gab. Dieser Schulweg war sehr entspannt, man traf auch gelegentlich auf Lämmchen (auf zahlreiche Hunde sowieso), und zwei alte Männer, die genau um diese Zeit vor ihren Häusern in der Morgensonne saßen, lächelten uns zahnlos und erfreut über „unsere“ Kinderscharr entgegen. Die zweite Aufgabe bestand darin, zwei Mädchen in einer Stadtschule abzuholen. Das ist in Peru wohl eine feste Regel: Eltern holen ihre Kinder von der Grundschule ab… Täglich standen diese pünktlich in der Gasse vor der Schule, man kannte und grüßte uns und eines Tages waren wir wirklich akzeptiert, man traute uns einen Einsatz als Schülerlotsen zu! Ich glaube, wir waren die Ersten, die das Ganze mehr als Spaß sahen, die meisten Eltern wirkten sonst sehr ernst oder etwas verloren.

















Eine der Schulen, das Colegio Sol y Luna, ist eine Privatschule und schreibt sich interkulturelle Bildung auf ihre Fahnen. Das konnte man deutlich bei einem Fest zum Geburtstag der Schule sehen, allein die Elternschaft war wesentlich gemischter als sonst und die musikalischen Vorführungen der einzelnen Klassen boten außer Geschichten über Pachamama auch Michael Jacksons „Thriller“ und Lieder aus Filmen wie „Grease“ oder „Zurück in die Zukunft“. Beim Essen waren wir dann wieder voll in Peru: Mehrere Mütter hatten typische Andengerichte zubereitet.






Stadtfest zum Jubiläum einer Schule
Meistens gehört zu Schulfesten auch die offizielle Seite und die sieht folgendermaßen aus: An der Plaza de Armas, die es in jedem noch so kleinen Ort gibt, wird eine Tribüne aufgebaut, die Stadtverwaltung stellt eine Reihe von etwas pathetischen Rednern, und wenn alle leicht erschöpft sind, folgt der Umzug. Im Falle eines Schuljubiläums marschieren sämtliche Klassen ordentlich in Reih und Glied einmal um den Platz, es folgen andere Gruppen wie die Feuerwehr oder die Guardia Civil. Die Schüler musizieren und am Schluss kommen die nicht so streng marschierenden Eltern. Das Publikum applaudiert immer dann, wenn jemand Bekanntes vorbeimarschiert und hält sich mit Popcorn, Götterspeise, Eis und Getränken bei Laune. – Unsere vier Mädchen hatten ihren Spaß, für uns war ja sowieso alles neu und spannend!








Mit den Niños zum Einkaufen in der Stadt
Im Vorfeld der großen Reise hatten wir ja anlässlich zweier Feste im Freundeskreis Spenden für den Hogar gesammelt. So war eine hübsche Summe zusammengekommen, die wir zu einem kleinen Teil bereits in Mitbringsel (z.B. Creme für die sonnengeplagte Kinderhaut) investiert hatten. Der Hauptanteil sollte aber in dringend benötigte Kleidung und Schuhe fließen, denn von Weitem betrachtet sehen die Kinder zwar modern angezogen aus, aus der Nähe fällt aber deutlich auf, dass viele Pullis und Hosen sehr abgetragen sind. Die Turnschuhe sind sogar oft in erschreckendem Zustand… Rosi traute uns zu, diese Aktionen selbst mit den Kindern in Angriff zu nehmen, und so brachen wir an einem Samstag zum ersten Mal mit vier Mädchen zum Einkaufen auf, es folgten sieben weitere Termine, bis alle Zwanzig versorgt waren. – Das Ergebnis waren lauter hochzufriedene Gesichter und die Tatsache, dass wir wohl fast alle Kleidergeschäfte in Urubamba kennen gelernt haben (Es sind viele!) und einiges über unterschiedliches Einkaufsverhalten von Kindern erfuhren. Zum Schluss waren wir vor allem in der Markthalle sicherlich bekannt als die seltsamen Europäer mit den vielen Kindern. Übrigens half uns eine weitere, sehr großzügige Spende gewaltig, denn beim Überlegen, was wer brauchte, kamen wir anfangs schnell in Bedrängnis, weil so vieles gebraucht wurde. Durch das zusätzliche Geld konnte dann ein Kind eben Schuhe, einen Pulli und eine Hose bekommen. Ganz lieben Dank hier an Heike – und natürlich auch an alle anderen Spender!








Wanderung mit Urpi und Gian Marco bei Pumahuanca
Eigentlich hatten wir von Anfang an vor, auch direkt um Urubamba herum mal zu wandern, denn die Berge lockten täglich. Es dauerte eine Weile, bis unsere Pflichten eine Lücke ließen, aber dann war ein freier Tag in Aussicht. An sich wollten wir zu zweit starten, bekamen allerdings ganz unverhofft Gesellschaft: Urpi und Gian Marco hatten Lust mit zu wandern! Das überraschte und freute uns, weil wir nicht damit gerechnet hätten. So brachen wir zu viert mit dem Mototaxi auf und ließen uns weiter oben im Tal bei Pumahuanca absetzen. So weit, so gut, nur dass der angeblich eindeutige Weg Richtung Lagune gar nicht eindeutig war… Trotzdem wanderten wir nach anfänglich wirrer Suche in einem Eukalyptuswäldchen bei bester Laune immer am Bach entlang bergauf und hatten einen tollen Tag in schönster Landschaft.









Die beiden Teenies wollten überhaupt nicht umkehren, obwohl Gian Marco am Nachmittag noch einen Schultermin hatte. So setzten wir uns immer noch die nächste Wegbiegung als Ziel – und das lohnte sich: Wir erreichten alte Inkaruinen, wunderschön auf einer Hochebene gelegen. Alle waren begeistert von diesem Highlight. Auch ein niedlicher Hund, der uns zeitweise verspielt begleitete, kletterte mit auf den Aussichtspunkt und wir waren ganz verliebt in ihn!











Ausflug nach Cusco mit den Großen
Bislang hatten wir viel Zeit mit den jüngeren Kindern verbracht, zum einen, weil diese einfach mehr auf uns zukamen und unsere Nähe suchten, zum anderen aber auch, weil die Großen täglich lange an den Hausaufgaben saßen und viele Pflichten rund um den Hogar zu erfüllen hatten. Bei einem Gespräch mit den älteren Mädchen kam uns dann die zündende Idee für eine Unternehmung nur mit den „Mayores“: eine Fahrt nach Cusco, denn einige von ihnen waren noch nie in dieser eindrucksvollen Stadt, obwohl sie nur rund vierzig Kilometer entfernt liegt. Also stiegen wir zu neunt an einem Samstagmorgen in den Bus nach Cusco, der uns in knapp zwei Stunden bis kurz vor das historische Stadtzentrum brachte. Wir starteten gemütlich mit einem Kaffee an der Plaza de Armas und teilten uns dann auf. Die Stadterprobten durften allein bummeln gehen, die drei Neulingsmädchen blieben gern bei uns, und uns machte es Spaß, ihnen unsere Lieblingsstellen zu zeigen. Den Dreien gefiel es sehr, mal etwas ganz anderes zu sehen, und so hatten wir alle einen tollen Tag. Am späten Nachmittag trafen wir uns alle wieder zu einem gemeinsamen Pizzaessen – und dann ging es auch schon wieder zurück zum Bus. Erschöpft, aber zufrieden schaukelten wir alle nach Urubamba.


















Grillabend mit Lagerfeuer im Canchon
Zwei Monate sind nicht unendlich, also rückte irgendwann der Abschied vom Hogar unbarmherzig näher… Deshalb grübelten wir, was es noch an umsetzbaren Möglichkeiten für Aktionen mit den Kindern geben könnte. Der Canchon, ein halb brachliegendes Grundstück in Hogarnähe, wo öfter Fußball gespielt wird, bot sich eigentlich perfekt für ein Lagerfeuer an, fanden wir. Und so besorgten wir Holz, einen Grill, Essen, Getränke und alles, was sonst noch fehlte. Am Tag selbst jagte ein leicht regnerischer Nachmittag uns noch einen kleinen Schrecken ein, aber die Kinder steckten uns mit ihrer Begeisterung (Wann machen wir endlich Feuer?) an. Also zog eine beladene Karawane kurz vor Sonnenuntergang zum Canchon, auch eine Bank wurde noch mitgeschleppt. Es wurde ein richtig toller Abend mit spektakulärem Himmel, die Kinder verschlangen sämtliche 80 Brötchen mit Chorizos oder Salchichas, sangen und tobten herum. Zum Schluss gab es die unvermeidlichen Marshmallows und danach stolperten wir in vollkommener Dunkelheit etwas verräuchert zurück zum Hogar.














Abschied vom Hogar
Nach dem gelungenen Vorabschied waren wir so in Feierstimmung, dass wir auch den letzten Abend zusammen genießen wollten. Dafür stießen wir genau rechtzeitig auf die Polleria Abrasa, ein einheimisches Hähnchengrill-Restaurant, und beschlossen, mit allen Hogarbewohnern dort essen zu gehen. Wie immer war es etwas schwierig, pünktlich loszukommen, was aber dann den Spaßfaktor nicht nur für die Kinder gewaltig steigerte: Statt wie geplant zu laufen, wurden alle 33 Personen auf die beiden Hogar-Pickups verfrachtet, auch wir fanden es witzig, auf der Ladefläche zu sitzen, und los ging’s! Zum Glück ist die peruanische Polizei nicht weiter an solchen Ladungen interessiert… Für die Kinder ist ein Essen im Restaurant etwas ganz Besonderes, Pommes und Hähnchen schmeckten allen himmlisch und die Enge am Tisch sorgte für maximale Geselligkeit.









Aber dann gab es kein Herausschieben mehr: Dar letzte Tag war da! Wir brachten wie immer die Niños in die Schule, gingen ins Ingiro Bike Café zu Jorge, um gemütlich einen Cappuccino zu trinken und uns von ihm und Rodrigo zu verabschieden, die wirklich ein bisschen zu Freunden geworden waren. Beim Kofferpacken gab es die übliche Verzweiflung: Warum war es immer noch fast unmöglich, alles vernünftig einzupacken, obwohl die Mitbringsel alle fehlten? – Aber auch das ging vorüber und dann waren plötzlich alle Kinder aus der Schule zurück und wir wurden definitiv verabschiedet. Zum Glück machte Rosi das unglaublich nett, es war ein sehr trauriger und bewegender, aber auch schöner Moment!







Wir stiegen also mit all unserem Kram ins Taxi und fuhren zum letzten Mal die Serpentinen aus dem Valle Sagrado Richtung Cusco hinauf. Das Wetter meinte es gut mit uns und bot uns einen wunderschönen letzten Blick auf Urubamba und sogar auf die Gletscher in den Bergen dahinter.


Muchas gracias an alle im und rund um den Hogar, die uns diese zwei Monate so schön und unvergesslich gemacht haben!
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Peru – Valle Sagrado

Ollantaytambo
Es war insgesamt schon ein großes Glück, dass Urubamba mitten im Valle Sagrado liegt, das mit gutem Recht als eine der landschaftlich schönsten und kulturell interessantesten Gegenden Perus gilt. Nach den ersten zwei Wochen im Hogar nahmen wir uns deshalb ein freies Wochenende und fuhren mit einem Kleinbus (Colectivo) nach Ollantaytambo. – Sich mit dem Colectivo fortzubewegen, ist eine feine Sache: Es fahren quasi ständig welche, sodass wir bei unseren Ausflügen nie warten mussten. Vor der ersten Fahrt hatten wir am Busbahnhof brav nach einem Fahrplan gefragt und nur erstaunte Blicke geerntet. Es gibt zwar unterwegs offizielle Haltestellen, der Fahrer hält aber beliebig, wenn jemand aussteigen möchte oder am Straßenrand winkt, um einzusteigen. Auch die Preise sind unschlagbar günstig, man bezahlt für die 22 Kilometer nach Ollantaytambo knapp drei Euro pro Person.
Der Ort selbst ist zwar sehr touristisch, weil es zum einen beachtliche Inkaanlagen gibt und er zum anderen Startpunkt des Zuges Richtung Machu Picchu ist, die Bewohner sind aber noch sehr authentisch peruanisch und nett. Außerdem ist es ein recht hübsches Dorf, das heißt, es gibt viele Straßen mit Kopfsteinpflaster, verputzte Häuser im traditionellen Stil und eine schöne Plaza de Armas. – Eben Atmosphäre! Dazu gehört auch ein Haus, in dem es nur einen Wohnraum gibt, der auch von Meerschweinchen bewohnt wird und einen recht eigenartigen religiösen Schrein u.a. mit ausgestopftem Alpaka beherbergt.

















Wir kamen um die Mittagszeit in Ollantaytambo an und machten uns direkt an die Besichtigung der Festungsanlagen, was sich als geschickt herausstellte: Es waren gerade kaum andere Touristen da und das Licht war sehr günstig zum Fotografieren. Später sahen wir ganze Busladungen von Besuchern auf den Terrassen und davon abgesehen weht nachmittags öfter ein heftiger Wind, der Unmengen an Staub aufwirbelt. Es rankt sich auch eine hübsche Legende um den Ort, laut der ein Feldherr der Inka namens Ollantay sich in eine Prinzessin verliebte und sie auch heiratete. Natürlich gefiel diese nicht standesgemäße Verbindung dem Vater, Inca Pachacuti, gar nicht… Er ließ die Prinzessin wegbringen, der arme Ollantay blieb allein. Doch zum Glück war der Nachfolger des Inkakönigs, sein Sohn Inca Túpac Yupanqui, großzügiger und befreite seine Schwester, denn er hatte Verständnis für die Liebenden!









Am zweiten Tag beschlossen wir, eine Wanderung in die Berge zu machen. Man kann gegenüber von Ollantaytambo nahezu allein eine schöne Schleife an einem Hang entlang laufen, dabei den Blick über Terrassenfelder schweifen lassen, auf denen traditionell mit Ochsengespann gepflügt wird, den Urubambafluss im Tal betrachten und in der Ferne schneebedeckte Gipfel sehen. Wir haben immer auch Freude an Kakteen, Agaven und Ruinen (selbst wenn sie vielleicht mal nicht besonders alt sind). Der Weg ist absolut lohnenswert und kann je nach Zeitplan und Kondition länger oder kürzer gestaltet werden. Eigentlich wollten wir uns dann den Rückweg durchs Tal an der Straße entlang im Mototaxi verkürzen, aber der Besitzer hatte keine rechte Lust und verlangte einen zu hohen Preis. Dafür nahm uns ein Stück weiter eine peruanische Familie in ihrem Auto mit und lehnte jede Bezahlung ab, was wir richtig lieb fanden!











Gegenüber von der touristisch erschlossenen Festung gibt es noch eine weitere Ruinenanlage, die aus ehemaligen Speicherhäusern besteht und äußerst malerisch am Hang liegt. Man gelangt auf einem Spaziergang durch den Ort zum Aufgang und muss dann steil hinaufkraxeln, aber es lohnt sich! Man hat nicht nur die eindrucksvollen Treppenbauten direkt vor sich, sondern auch einen fantastischen Blick auf den Ort und die Festung am anderen Hang. Außerdem trifft man nur auf wenige Mitkraxler und viele interessante Pflanzen am Fels. – Ollantaytambo verdient eindeutig mehr Aufmerksamkeit, als nur der Bahnhof für Machu Picchu-Hopper zu sein.











Maras und Tiobamba
Ein sehr lohnender Ausflug von Urubamba aus führt auf das Hochplateau zwischen Valle Sagrado und Cusco. Hier befindet sich, gut mit dem Colectivo zu erreichen, das Dorf Maras mit seinen freundlich angestrichenen Häusern und der hübschen Dorfkirche. Ein kleines Kunstwerk auf der Plaza de Armas weist bereits auf die weiteren Sehenswürdigkeiten hin, zum Beispiel auf die koloniale Kirche von Tiobamba. Diese liegt einsam in der weiten Hochebene und bietet eine wunderbare Aussicht auf die Andencordillere. Leider ist Tiobamba nicht so locker ohne eigenes Fahrzeug zu erreichen, trotzdem machten wir uns zunächst zu Fuß auf den etwa zwei Kilometer langen Weg, nachdem es uns nicht gelungen war, eine günstige Fahrgelegenheit zu ergattern. Kaum waren wir jedoch aus dem Ort hinausgewandert, kamen hinter uns zwei Motorräder angeknattert. Dem jungen Dorfpolizisten hatte es keine Ruhe gelassen, dass er uns keinen Tipp für eine motorisierte Fahrt nach Tiobamba geben konnte, als wir ihn danach fragten. Deshalb hatte er einen Kollegen mobilisiert und gemeinsam boten sich die beiden als ganz privates Moto-Taxi für uns an. So brausten wir begeistert und ziemlich flott zum Sightseeing an der Kirche – und freuten uns noch lange über diesen weiteren Beweis der peruanischen Hilfsbereitschaft!










Die Kirche von Tiobamba liegt malerisch auf dem Plateau. Wir hatten sie schon auf unserer ersten Perureise 2017 kennen gelernt. Damals waren wir ganz ahnungslos am 15. August dort hingekommen und mitten in einer Riesenfiesta mit Markt und Tänzen zu Ehren des Feiertages Maria Himmelfahrt gelandet – dieses Mal hingegen war kein Mensch dort, ein komplett anderes Erlebnis…
Moray
Um die nächste Sehenswürdigkeit zu erreichen, die Inkaanlage Moray, nahmen wir uns nach dem Rückmarsch ins Dorf Maras ein Taxi. Es gibt in Moray eigentlich nur eine terrassenförmige Anlage mitten in der Landschaft zu sehen, aber diese ist aufgrund ihrer perfekten Kreisform sehr beeindruckend! Man ist sich nicht ganz sicher, für welche Verwendung diese Terrassen bestimmt waren, aber es wird vermutet, dass die Inka hier Agrarforschung über günstige Standorte für Ackerpflanzen betrieben, da auch ein Bewässerungssystem vorhanden ist.




Salinas von Maras
Zu unserem persönlichen Highlight an diesem Tag gelangten wir schließlich wieder wandernd: die Salinen von Maras. Hierbei handelt es sich um eine Anlage zur Salzgewinnung, die mindestens aus der Zeit der Inka stammt. Mittels einer salzigen Quelle, die durch ein Labyrinth von etwa 4500 Becken geleitet wird, gewinnt man hier Steinsalz. Die Becken gehören den Bauern aus dem gleichnamigen Dorf und werden in kollektiver Arbeit bewirtschaftet, indem man zuerst Wasser hineinleitet, das dann durch die starke Sonneneinstrahlung verdunstet und das Salz zurücklässt. Das Maras-Salz ist beliebt und wird mittlerweile weltweit verkauft. – Davon abgesehen ist der Berghang mit seinen tausenden von Becken aber einfach auch ein wunderbares Kunstwerk, das nicht nur einmal den Besuch lohnt!











Der Weg, auf dem wir vom Dorf Maras bis zu den Salinen gewandert waren, führt weiter am Hang mit den unzähligen Salzbecken entlang und schließlich zurück hinunter ins Urubambatal. An bunten Häusern vorbei kommt man zum Fluss, überquert diesen und wenn man Glück hat, erwischt man an der Hauptstraße durchs Tal dann ein Mototaxi oder freundliche Einheimische, die gerne jemanden mit nach Urubamba nehmen.





Pisaq
Von Cusco her kommend befindet sich der Ort Pisaq mit dem riesigen Ruinenkomplex aus Zeiten der Inka mehr am Anfang des Valle Sagrado. Pisaq selbst ist ein hübsches Dorf, da viele Häuser verputzt oder sogar kunstvoll mit Graffitis bemalt sind. Durch die hohe Quote an Besuchern ist es insgesamt recht touristisch, aber dadurch eben auch gepflegt und lebendig. Man hatte uns den Sonntagsmarkt besonders empfohlen, der eigentlich nicht außergewöhnlich und zudem ziemlich klein ist, aber er bietet dennoch viel Buntes, den Kontakt mit freundlichen Einheimischen und einen Eindruck von typisch peruanischen Märkten. Für uns war es ein interessantes Erlebnis, in der Dorfkirche einen Gottesdienst mit Beteiligung von einer Gruppe andiner Bauern und ihrer Söhne, natürlich alle in schönster Tracht, anzuschauen. Die Männer hatten große Muscheln dabei, auf denen geflötet wurde – was einen spannenden Kontrast zum katholischen Gottesdienst bildete. Danach gönnten wir uns noch eine Stärkung auf dem Balkon eines der vielen Cafés rund um die Plaza, von wo aus man gemütlich das bunte Treiben unten beobachten kann.















Aber selbstverständlich wird bei einem Besuch in Pisaq nicht nur gefaulenzt! Energisch lockt die weitläufige Ruinenanlage aus der Inkazeit oben auf dem Berg. Wir entschieden uns, mit dem Taxi hinaufzufahren, um dann oben ausgiebig über Terrassen und durch Gebäudereste zu spazieren und zum Abschluss wieder hinunter ins Dorf zu steigen. Das erwies sich als sehr sinnvoll, zumal wir uns das Taxi noch mit anderen Reisenden teilen konnten. So erkundeten wir die verschiedenen Standorte von Häusern, Tempeln, Palästen und Speicheranlagen und genossen die vielen tollen Aussichtspunkte in beide Richtungen des Tals. Kein Wunder, dass an diesem Platz bereits vor über tausend Jahren Menschen siedelten und auch schon vor den Inka mit dem Bau von landwirtschaftlichen Terrassen begannen. An den Gebäuden begeistert uns immer wieder die inkatypische Perfektion mit der Steine bearbeitet und aneinandergepasst wurden. Selbst als Ruinen sind sie noch von großer Schönheit!




















Machu Picchu
Unser letzter größerer Ausflug im Valle Sagrado galt der alten Inkastadt Machu Picchu. Für uns ist dieser Ort absolut magisch und in jedem Fall ein Muss auf Perureisen! Allein die Lage im Regenwald zwischen lauter steilen Bergkuppen, selbst auf einer Bergschulter zwischen dem Huayna Picchu und dem Machu Picchu erbaut, ist unglaublich schön und sorgt für eine ganz besondere Atmosphäre. Man erreicht den Ausgangsort Aguas Calientes nur mit dem Zug – was zwar ein bisschen ausgenutzt wird, um die Touristen ganz ordentlich bezahlen zu lassen, und leider für eine klare Trennung zu den Einheimischen führt (man darf nicht im selben Zug fahren!). Aber davon abgesehen ist es eine wunderschöne Fahrt durch eine großartige Landschaft, die sich von kargen Felsen zu dichtem Wald wandelt. Und sie stimmt angemessen auf den Besuch des Weltwunders ein! Unser persönlicher Toptipp im sonst furchtbar touristischen Aguas Calientes ist das kleine Thermalbad etwas außerhalb im Regenwald. Dort trifft man fast nur Peruaner, mit denen man jederzeit fröhliche kleine Gespräche führen kann, und verbringt in mehreren Becken mit unterschiedlichen Temperaturen einen entspannten Nachmittag… Im Anschluss lockt noch fußläufig und im Eintrittspreis inbegriffen ein hübscher Wasserfall mit perfekter Dschungelatmosphäre!














Wir suchten für unseren Besuch der Ruinenstadt beim Ticketkauf einen Slot am frühen Morgen aus, weil wir bereits 2017 die sehr frühen Zeiten schätzen gelernt hatten. Das wichtigste Argument ist sicher die relative Leere: Um halb sieben gehört man auf jeden Fall zu den Ersten, die die Anlage betreten. Außerdem ist das Licht unglaublich schön und alles zeigt sich in herrlicher Frische und Klarheit. – Die schiere Größe der Inkastadt und die Menge der Häuser, Terrassen und Paläste ist einfach atemberaubend und äußerst beeindruckend. Aus unserer Sicht lohnt es sich unbedingt, mit viel Zeit und ohne Gruppengewimmel hierher zu kommen und diesen einzigartigen Ort auf sich wirken zu lassen!











Übrigens kann man auf den Grasflächen zwischen den alten Gebäuden auch die nette Erfahrung sammeln, dass Lamas entgegen aller Vorurteile über das Spucken ziemlich entspannte und vergnügte Tiere sind. Sie grasen völlig unbeeindruckt von den vorbeiwandernden Massen und stehen auch gerne mal gar nicht scheu im Weg… Wer Machu Picchu besucht, sollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, auf einen der beiden angrenzenden Berge zu steigen. Wir hatten für dieses Mal den Huayna Picchu gewählt, dessen Gipfel in ungefähr einer Stunde zu erklimmen ist. Der Weg hinauf ist sehr steil und besteht aus alten, hohen Steinstufen, sodass man im tropischen Klima ordentlich ins Schwitzen und Schnaufen kommt, aber die Aussicht ist unbeschreiblich! – Natürlich darf man vorher nicht vergessen, sich beim Posten am Beginn des Weges brav ins Wanderbuch einzutragen. Eine Maßnahme, die wir nicht unbedingt nötig fanden, aber durch die man hinterher das „Wir-waren-dabei!“-Gefühl hat.











Nach einem Aufenthalt in Machu Picchu von etlichen Stunden und einer Unmenge an Fotos rissen wir uns irgendwann los und nahmen wieder den Bus hinunter nach Aguas Calientes. Auch für die Zugfahrt zurück nach Ollantaytambo musste die übliche Prozedur mit Ticket, Pass und Passnummer eingehalten werden. Dabei fühlte ich mich im Vergleich zu den schicken Bahnleuten doch irgendwie underdressed… Wie nett, dass ich trotzdem mitfahren durfte!





Auf der Plaza de Armas von Ollantaytambo angekommen, kam es zu einer unserer absoluten Lieblingserscheinungen in Peru: einer ganz unerwarteten Begegnung mit einheimischer Kultur in Form einer Gruppe von Kindern mit – Achtung! – höchstem Niedlichkeitsfaktor… Ungefähr zwanzig Mädchen und Jungen in Tracht übten traditionelle Tänze in Begleitung einer Trommel. Dabei gab es sehr unterschiedliche Grade an Begeisterung. Die Mädchen posierten recht gerne und schwangen ihre Röcke schon sehr geübt, die Jungen machten gute Miene zum bösen Spiel und standen eher etwas verloren zwischendrin, wie zum Beispiel der Kleine im Wollpullover… Wir fanden, dass es nach der anstrengenden Probe eine kleine Belohnung geben musste, und bedankten uns für die Fotos mit einer Runde Eis. Darüber war auch der Wollpullibub sehr erleichtert.
















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Abschluss Peru

Nach unserem tränenreichen Abschied von den Kindern des Hogar in Urubamba befanden wir uns nun wieder in Cusco. Und als hätte der Wettergott die Situation richtig erfasst, regnete es am Nachmittag unserer Ankunft erstmal, sodass die Stimmung um uns herum kurzzeitig ganz und gar unserer eigenen entsprach… Eigentlich hatten wir auch überhaupt keine rechte Lust, noch groß in der Stadt – die wir ja ansonsten so lieben – Aktion zu machen, weil wir einfach innerlich noch ganz in Urubamba festhingen.











Aber da hatten wir die Rechnung ohne Cusco gemacht: Zuerst riss der Himmel auf, es wurde sonnig und damit automatisch auch fröhlich. Und dann bewahrheitete sich der Spruch, dass es in Cusco mehr Feste als Tage im Jahr gibt. In diesem Fall war es der Festtag des Señor de los Temblores, dem man den Schutz vor Erdbeben zu verdanken glaubt. Es tat sich eine unglaubliche Farbenpracht auf, sogar Esel und Lamas waren festlich geschmückt, ganz zu schweigen von den großartigen Trachten der mitwirkenden Indigenas.





Wo in Peru ein Fest gefeiert wird, sind Musik und Tanz nicht weit, und es war eine reine Freude, die Mädchen in ihrem Stolz und Spaß beim Tanzen zu sehen.





Als wir gerade überlegten, ob wir uns so langsam ins Hotel zurückziehen sollten, stießen wir auf dem Platz vor der Kathedrale auf etwas ganz Ungewohntes: An mehreren Stellen wurden unter Mitwirkung vieler fleißiger Hände große Bambusgerüste aufgebaut, genauestens ausgerichtet und mit Feuerwerkskörpern versehen. Das war natürlich viel zu spannend, um verpasst zu werden, sodass wir beschlossen, auch am abendlichen Teil des Festes teilzunehmen. – Das war auch gut so! Nachdem der Auftakt erst ein bisschen hinausgezögert wurde, fand dann schließlich eine Art Wettkampf verschiedener Viertel Cuscos im Feuerwerk statt. Und das war ein wunderschönes und verrücktes Spektakel, da die Zuschauer munter zwischen den Gerüsten hindurchspazierten, während diese der Reihe nach ihren farbenprächtigen Feuerzauber entfalteten. Außerdem trugen verschiedene Gruppen in fastnachtsähnlichen Kostümen und die Musik etlicher Kapellen zur wilden und fröhlichen Stimmung bei.
Es war super beeindruckend, wie mit relativ einfachen Mitteln so großartige Effekte erzielt wurden – und eigentlich kein Müll zurückblieb: Die Bambusgerüste wurden gleich nach ihrem Einsatz wieder abgebaut und mit Autos abtransportiert. Vorbei der ganze Spuk bis zum nächsten Jahr!











Am nächsten Morgen nahmen wir endgültig Abschied von Cusco und stiegen in den Zug nach Puno. Diese Zugfahrt ist eine teure Angelegenheit, aber ihren Preis wirklich wert! Man sieht ganz in Ruhe so viel von der wunderschönen andinen Landschaft und wird nebenher noch gut unterhalten.












Nachdem der Zug die diversen Vororte Cuscos durchquert hat, geht es in die Weite der Hochflächen der Anden, was immer wieder unglaublich schön und erhebend ist! Im Zug bietet sich dann der Luxus, obendrein noch fein zu speisen – wenn man es schafft, sich von den ständig wechselnden Aussichten vom Panoramawagen aus loszureißen.














Nach etlichen Stunden Fahrt durch die Natur erreicht der Zug schließlich Juliaca, eine Stadt, die außer ihrem Namen leider überhaupt nichts Schönes zu bieten hat. Aber dafür kann sie mit einer skurrilen Überraschung aufwarten: einem Markt, der quasi auf den Schienen stattfindet. Da die Strecke nur sehr wenig befahren wird, lohnt es sich für die Händler, für den einen vorbeifahrenden Zug rasch ihre Waren auf die Seite zu räumen, um hinterher gleich wieder die Gleise zu bevölkern…











Nach Juliaca folgt noch ein Abschnitt auf der Hochebene, wo der Abendhimmel beim Sonnenuntergang in den vielfältigsten Farbtönen erstrahlt. Und dann nähert man sich Puno am Titicacasee. Die Einfahrt im Dunkeln lässt die Stadt nicht sehr vielversprechend wirken, aber man sollte ihr eine Chance bei Tageslicht geben.
Puno glänzt vor allem durch seine Lage am See. Abgesehen von einem kleinen putzigen Stadtzentrum in Ufernähe gibt es viel typisches südamerikanisches Chaos, bis hin zu virtuosen Konstruktionen weiter oben an den Hängen. Hier lasse man sich von den Einheimischen beraten: Wir wollten eigentlich auf den höheren Aussichtshügel steigen, weil dieser wie eine Parkanlage aussah, aber davon rieten uns mehrere eifrige Anwohner der Hügelstraßen ab: Zu viele wilde Hunde und zwielichtige Gestalten, lautete ihr Befund. Also verzichteten wir auf diese Erfahrung.

















Allerdings gehören Aussichten von oben zu unseren absoluten Favoriten, und deshalb nahmen wir den Weg zur anderen Seite der Stadt auf uns, um dort zur ebenfalls aussichtsgünstig gelegenen Condorstatue hinaufzusteigen. Die gut gemeinten Treppen sind bei einer Höhe von 3800 bis etwa 4000 Metern eine ganz schön anstrengende Angelegenheit, aber es lohnt sich auf jeden Fall, Puno und seine Bucht mal von oben zu betrachten! – Vor allem wenn man weiß, dass der nächste Tag den Abschied von Peru bringen wird, weil Bolivien ruft…





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Bolivien

Einreise von Peru nach Bolivien
Wir hatten uns im Vorfeld einige Gedanken über die Einreise nach Bolivien gemacht und allerlei über Einschränkungen und Vorschriften gelesen. Umso erfreuter und erleichterter waren wir, als sich herausstellte, dass sich niemand für Impfzeugnisse oder Angaben zu mitgeführten Medikamenten interessierte oder gar unser Gepäck kontrollieren wollte. Tatsächlich fuhren wir ganz entspannt mit dem Bus von Puno zur Grenze im Dorf Kasani, wo man zu Fuß aus Peru ausreist, das heißt, man holt sich einen Ausreisestempel im entsprechenden Büro. Danach spaziert man mit allen anderen Businsassen ein paar hundert Meter zum bolivianischen Grenzposten, wo es den Einreisestempel für Bolivien gibt. – Das war’s. ¡Adios, Peru! und ¡Hola, Bolivien!




Copacabana
Wenn man am Titicacasee entlang nach Bolivien kommt, drängt es sich geradezu auf, zuerst nach Copacabana zu gehen. Der kleine Ort behauptet, seinen Namen lange vor dem gleichnamigen Strand in Rio de Janeiro gehabt zu haben, und liefert mehrere Geschichten dazu. Heutzutage lohnt sich der Besuch wegen der wirklich schönen Bucht mit einem herrlichen Blick auf den See. Strenge Inkafiguren wachen darüber, dass die Touristen es nicht zu toll treiben, es gibt Schiffe zur Isla del Sol, einiges an Tretbooten und direkt daneben wird Wäsche gewaschen. Das ist Südamerika! Das Dorf selbst taugt allenfalls für einen Spaziergang, man schaut sich die Kathedrale an und fotografiert Graffitis, da die Bolivianer zumindest hier richtig grantig werden können, wenn man ein Foto von ihnen machen möchte. – Deshalb haben wir die tollen Zöpfe unter runden Hüten und die üppigen Röcke meist nur von hinten festgehalten.















In Copacabana hatten wir übrigens eine der besten Unterkünfte auf unserer Reise. Ein Häuschen im Las Olas Hotel, an dem absolut alles perfekt war: die Lage, die gemütliche Einrichtung (auch mit einem leicht zu bedienenden Ofen), supernettes Personal und ein gemäßigter Preis. Unser Haus hatte eine normale Form, man kann aber auch in der Schnecke oder der Schildkröte unterkommen, das Gelände ist ein wunderschöner Garten und fröhliche Alpakas gibt es ebenfalls. Ansonsten besticht dieser Ort mit grandiosen Sonnenuntergängen über dem See, die man wahlweise von der Terrasse oder dem Cerro El Calvario aus genießen kann.
Wanderung auf der Isla del Sol
Ein wunderschönes Ausflugsziel von Copacabana aus ist die Isla del Sol. Zusammen mit der nahegelegenen Isla de la Luna diente die Insel den Inkas für ihre Schöpfungsgeschichte: Hier sollen Sonne und Mond auf die Erde gekommen sein, um die Menschen zu erschaffen. Es gibt sogar einen ausgehöhlten Felsen, in dem die Sonne geschlafen haben soll und große „Fußabdrücke“ von ihrem Marsch über die Insel. – Geblieben ist ein schöner Wanderweg von einem Inselende zum anderen, den man auf keinen Fall verfehlen kann (Das war die große Sorge unseres Guides, als wir allein gehen wollten). Die Strecke bietet eigentlich ununterbrochen herrliche Ausblicke auf den See und die fernen Ufer Perus und Boliviens, eindrucksvolle Inkaruinen, süße Esel und reichlich Sonne… Außerdem gibt es sehr nette Kioske von Inselbewohnern am Wegesrand! Mitten auf dem Inselrücken kochte eine ältere Frau uns frischen Cokatee, der uns Energie und Schwung für die zweite Hälfte des Weges gab.
























Unser Kapitän erwartete uns am nächsten Morgen – wir haben auf der Insel übernachtet – im entspannten Gespräch mit Kollegen und brachte uns noch zum Sonnentempel ganz im Süden, bevor wir wieder Copacabana ansteuerten.
Fahrt von Copacabana nach La Paz
Die Fahrt nach La Paz führt zunächst in etlichen Schlenkern am Titicacasee entlang und zeigt dann die nicht besonders spannende Landschaft in diesem Teil Boliviens. Aber zum Glück gilt es, eine Engstelle des Sees per Fähre zu überqueren, und das ist schon ein bisschen abenteuerlich, da die Fährboote super schlicht und wackelig sind. Wir waren froh, weder mit einem Bus noch mit einem Lastwagen zusammen überzusetzen, denn das verstärkt das Geschaukel deutlich. Insgesamt dauerte die Aktion ungefähr eine halbe Stunde und verlief dann doch unproblematisch.




El Alto
Die Schwesterstadt von La Paz auf 4100 Metern Höhe, El Alto, war uns als größter Slum der Welt angekündigt worden. Das fanden wir dann für die sehr junge Stadt mit ihren rund einer Million Einwohnern ziemlich ungerecht. Natürlich sieht man wie überall in Bolivien jede Menge unfertige Häuser ohne Putz sowie unaufgeräumte Hinterhöfe und ungepflasterte Straßen. Aber zumindest von der Seilbahn aus, die in La Paz insgesamt als praktisches Verkehrsmittel dient, sind Ordnung und Systematik zu erkennen. Es ist wohl eher so, dass das schnelle Wachstum El Altos die Verwaltung überfordert und deshalb vieles noch nicht gut organisiert ist. Die Bewohner jedoch sind hoffnungsvoll, dass sich hier alles noch zum Besseren wandeln wird. – Bislang versuchen Architekten mit dem Einsatz von Farbe und verrückten Formen in einer eigenen Häuserkultur, den Cholets, die Hauptstraßen El Altos heiter und interessant zu prägen.





La Paz
Wir haben eine Aussage über La Paz entdeckt, die von der „unmöglichsten Stadt der Welt“ spricht, und das trifft eigentlich perfekt zu. Wenn man mit der Seilbahn von El Alto aus über die Kante der Hochebene in den Kessel schwenkt, ist man erstmal überwältigt: Ein Meer von Häusern tut sich auf, das überall an den Hängen wild nach oben schwappt, dabei mal überraschend ein Stück auslässt oder anderswo unglaublich steil hinaufklettert. Man kann nicht fassen, dass La Paz nicht einmal eine Million Einwohner hat, so weit erstrecken sich die bebauten Flächen. Im Weiteren, nachdem wir aus der Seilbahn ausgestiegen waren und von der Estación Central zu unserem Hotel im Zentrum spazierten, waren die ersten Eindrücke unschön: Sehr viel Schmutz, überall heruntergekommene Gebäude, wirre Stromleitungen, Lärm… Wir beschlossen, den ersten Abend im Hotel zu verbringen und nicht mehr in das wilde Treiben hinauszugehen.
Buntes Zentrum mit Hexenmarkt
Am nächsten Tag sah die Welt schon ganz anders aus! Wir schlenderten durch die Straßen rund um die Kirche San Francisco, entdeckten viele fantastische Graffitis, kreativ gestaltete Gassen, bunteste Läden sogar in Abrisshäusern und natürlich die irren Stände und Geschäfte des Hexenmarktes. Dort können sich Frau und Mann getrennt oder gemeinsam über allerlei höchst abergläubische Behandlungsweisen von Krankheiten bis zu sexuellen Problemen beraten lassen. Sicher steckt in den oft pflanzlichen Mitteln auch Heilkraft, die „Hexen“ lassen sich aber nicht gern fotografieren…















Klassisches Zentrum
Auch La Paz hat als Regierungssitz sowie wirtschaftliches und kulturelles Zentrum Boliviens noch ein Viertel, das den Hauptstadtcharakter mit Gebäuden aus verschiedenen Zeiten und mit sehr unterschiedlichen Stilen unterstreicht. Hier findet man schöne Kolonialbauten in enger Nachbarschaft mit modernem Beton, kleinen Wolkenkratzern und glänzenden Glasfassaden. In den Straßen geht es ruhiger und weniger geschäftig zu als in der restlichen Stadt und vor manchen Institutionen halten sogar uniformierte Soldaten Wache.










Coole Busse und Transporter
Natürlich leidet La Paz wie alle Großstädte der Welt unter ständigem Verkehrsstress… Aber es gibt charmante Ansätze, dieser Probleme Herr zu werden: Das bereits genannte Seilbahnnetz bietet nicht nur Touristen die Gelegenheit, sich Eindrücke von der Stadt und einen ersten Überblick zu verschaffen, sondern befördert auch täglich viele Bewohner aus den Randvierteln günstig und schnell zu ihren Arbeitsplätzen. Und es gibt eine ganze Flotte von kunterbunten Oldtimer-Bussen, die scheinbar liebevoll gepflegt werden und über die wir uns immer wieder gefreut haben. Auch sonst bleibt manches uralte Fahrzeug mal mehr, mal weniger herausgeputzt im Einsatz und dient außer als Transportmittel ebenfalls als Blickfang.





Sonntagsmarkt in El Alto
Die große Fería am Sonntag in El Alto sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen, wenn man Märkte liebt! Die Reihen der zahllosen Stände beginnen bereits direkt an der Seilbahnstation und erstrecken sich weit in die umliegenden Straßen hinein. Wir sind während unseres einstündigen Besuchs nicht über den Kleider- und Autoteilesektor hinausgelangt, wahrscheinlich kann man auch den halben Tag dort verbringen… Immer wieder begeistern die Mengen an ausgebreiteten Waren verschiedenster Art und die energischen älteren Frauen, die einem als Tourist mit ihren strengen Blicken und ihrem Einfallsreichtum beim Geldverdienen Respekt einflößen.














La Paz von oben
Uns gefällt es immer gut, eine Stadt von oben anzuschauen, einfach über dem Gewimmel zu sein und den Eindruck der vielen Dächer zu genießen. Für La Paz gilt das in einzigartiger Weise. Wir haben nie zuvor eine Stadt mit solchen Höhenunterschieden und in solcher Ausdehnung gesehen. Die Kombination aus unzähligen kleinen ziegelroten Gebäuden, Hochhäusern, die sich in der Stadtmitte gruppieren, den schroffen Felsen des Valle de la Luna mitten in der Metropole und zum Teil schneebedeckten Bergen rundherum hat uns sehr fasziniert. - Dies zeigt sich darin, dass wir unmöglich nur ein oder zwei stellvertretende Bilder aussuchen konnten…








Valle de la Luna
Wie oben erwähnt befindet sich das Valle de la Luna mitten in der Großstadt und bildet trotzdem eine ganz eigene bizarre Welt. Ein bisschen sieht es so aus, als hätten Riesenkinder ein großartiges Kleckerburgenspiel gespielt… Türmchen und Türme bilden verschiedenste Gebilde, mal sehen sie aus wie Pilze, mal wie Versammlungen von Gespenstern. Man vergisst völlig, dass man in einer Millionenstadt ist. - Man kann auf gut ausgebauten Rundwegen durch das Felsengewirr spazieren und dann hinterher wieder erfüllt und entschleunigt in die wuselige, laute Stadt zurückkehren.





Cancha Chualluma – Buntes Viertel
Schon auf der ersten Seilbahnfahrt war uns inmitten der ziegelbraunen Häuserflut ein Viertel aufgefallen, das sich frech und fröhlich abhob: Cancha Chualluma ist ein schönes Beispiel dafür, dass die Einfälle von Politikern im Wahlkampf auch mal richtig Früchte tragen können. Ein Projekt hat vor einigen Jahren bewirkt, dass über mehrere Straßenzüge hinweg sämtliche Häuser bunt angestrichen und mit kunstvollen Graffitis bemalt wurden. Das Motto lautete, ein schöneres Viertel kann dafür sorgen, dass die Bewohner mehr Freude am Wohnen haben und negative Stimmung keine Chance bekommt. – Wenn man durch die Straßen spaziert, kann man sich gut vorstellen, dass das funktioniert! Allerdings erinnern so schräge Erscheinungen wie erhängte Stoffpuppen daran, dass die Realität auf den Straßen von La Paz noch stark von Kriminalität geprägt ist, denn sie symbolisieren den Wunsch vieler Einwohner nach Sicherheit: „Finger weg von unserem Eigentum, ihr Diebe, sonst setzt es drastische Strafen!“











Cementerio General
Schon in Buenos Aires hatten wir ja gesehen, dass Friedhöfe einen ganz besonderen Charme haben können. Das zeigte sich auch in La Paz - und sogar noch sehr viel skurriler! Zum einen ist der Cementerio General riesig, er besteht aus etlichen Reihen fünfstöckiger Gebäude mit Grabnischen, die inzwischen bereits von weiteren, noch höheren Häusern ergänzt werden. Zum anderen, und das ist das Interessante, ist dieser Friedhof ein ungemein lebendiger Ort. Wir waren kurz nach Allerheiligen in La Paz, das hier intensiv begangen wird: Ganze Familien kommen auf den Friedhof, um die Gräber ihrer Verstorbenen zu besuchen, schmücken diese oft kunterbunt, bringen Lieblingsgetränke oder -speisen der Toten mit, beten oder singen gemeinsam. Dabei rennen Kinder herum und Hunde werden mitgebracht, es ist alles, nur nicht leise und bedächtig! Für uns war das ungewohnt, aber es repräsentiert eigentlich eine gelungene Verknüpfung von Leben und Tod.











Das ganz Besondere an diesem Friedhof waren jedoch die vielen Graffitis an den Stirnseiten der Grabgebäude. Ihre Größe und sorgfältige Ausführung zeigte, dass sie anerkannt sind und offiziell gemalt wurden. Unser Eindruck war, dass diese Bilder sich sehr ehrlich und ohne falsche Scheu mit dem Tod auseinandersetzen: mit Ängsten, Aberglauben und auch zum Teil mit allerlei gruseligen Ideen oder einem Hauch von Horror.
Fahrt von La Paz zum Sajama Nationalpark
Nach drei Tagen verließen wir das anfangs so skeptisch betrachtete La Paz fast etwas wehmütig, denn die „unmögliche“ Stadt hat doch eine gewisse Faszination auf uns ausgeübt… Trotzdem waren wir gespannt auf neue Eindrücke ganz anderer Art, nämlich in der Natur des Sajama Nationalparks. Die Fahrt begann mühsam, denn es dauert seine Zeit, bis ein Auto sich aus beiden Städten herausgekämpft hat. Wir hatten das Glück, dass unser Fahrer-Guide Ariel, der selbst in El Alto lebt, viel zu erzählen hatte und wir daher viel über das Leben dort erfahren konnten. Schließlich ließen wir dann die letzten Häuser von El Alto hinter uns und fuhren durch die Weiten des Altiplano bis zur Mittagsrast bei einigen Chullpas, Turmbauten, die in der Zeit der Inka oder schon in der Tiwanaku-Kultur als Grabstätten dienten. Dort genossen wir auch das erste Picknick mit unserer Köchin Sandra, die richtig lecker vorgekocht hatte und nun mitten im Nirgendwo ein tolles Essen für uns vier hervorzauberte.











Die zweite Hälfte der Fahrt war kurzweilig: Zum einen entdeckten wir außerplanmäßig einen weitläufigen Bosque de Piedras mit verrückten Steinfiguren, zum anderen gab es Kirchen zu besichtigen. Während die erste ausgebrannt, aber noch als würdevolle Ruine interessant war, ist die zweite, Curahuara de Carangas, intakt und wegen ihrer wunderschönen Bemalung im Innenraum (die man auf keinen Fall fotografieren darf!) sogar als Sixtinische Kapelle Boliviens bekannt.
Sajama Nationalpark
Dieser auf 4200 Metern gelegene Nationalpark trägt seinen Namen dem höchsten Berg Boliviens, dem Sajama, zu Ehren. Und dieser ist eigentlich auch aus jedem Winkel des Parks sichtbar, er dominiert bereits aus der Ferne die Zufahrtsstraße, dann Lagunen und die Flächen des Hochlands. Der Sajama ist majestätisch, egal ob von Wolken umgeben, gleich doppelt als Spiegelung oder im Licht der Abendsonne sogar orangerot eingefärbt…





Durch seine Natürlichkeit ist der Park ein echtes Juwel, aber auch schwer zu erkunden. Wir waren wirklich froh, Ariel und sein Auto als Unterstützung zu haben, zumal unser junger Guide in Sajama aufgewachsen ist und sich dort perfekt auskennt. So wanderten wir gemeinsam zur Cris Lagune auf 4800 Metern im Grenzbereich zwischen Bolivien und Chile. Dabei erzählte Ariel uns allerlei Persönliches aus seiner Kindheit im Nationalpark, in der er noch zusammen mit seinem Vater Alpakas gehütet hat. Von daher kannte er auch Namen und Verwendung vieler der dort heimischen Pflanzen und zeigte uns den beliebten Trick, in den kleinen Geysiren auf dem Weg zur Lagune Eier zu kochen. – So leicht sind wir glücklich zu machen!
















Am zweiten Tag war dann Marcelo, Ariels Vater, an der Reihe, uns als Guide Sehenswertes in Sajama zu zeigen. Das führte uns zu zwei Lagunen, deren Flamingos sich leider als ausgesprochen fotoscheu erwiesen. Auch haben die kleinen Gemeinden des Parks ein hübsches Kirchlein in schönster Lage, das wir besichtigten und neben dem ein malerischer Friedhof liegt. Und schließlich besuchten wir einen Aussichtspunkt, von dem aus eine weite Hochebene mit fast sämtlichen Alpakaherden Sajamas zu überblicken war. Hier erfuhren wir einiges über die Gestaltung des dörflichen Lebens in einer so weit verstreuten Gemeinde…








Auf dem Weg zum Torotoro Nationalpark
Mitten in der weiten Landschaft der Hochebene zwischen Sajama und Oruro wartete ein besonderes Highlight auf uns: Die Ciudad de Piedras von Pumir, eine ganze Stadt aus Gesteinsformationen. Zusammen mit Marcelo und Sandra kletterten wir zwei Stunden durch die Felsen, hatten viel Spaß an den aberwitzigsten Vergleichen und entdeckten immer Neues. Bei einem fast kompletten Gerippe eines Lamas blieben wir eine Weile stehen und Marcelo erklärte uns, wie man das Alter des Tieres und sogar die mögliche Todesart anhand der Knochen und Zähne ungefähr bestimmen kann.








Zwischenstation Oruro
Über Oruro, immerhin Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, ist nicht allzu viel zu sagen… Aber es gibt auch dort einen großen Markt, dessen Besonderheit die vielen Stände mit Coca-Blättern und -Tee sind. In keinem anderen südamerikanischen Land haben wir so viele dicke Coca-Backen gesehen wie in Bolivien! Die harmlose Wirkung (u.a. Unterdrückung von Müdigkeit und Hungergefühlen) hilft bei harter Arbeit, wir selbst sind aber nur beim Tee geblieben, der eindeutig kleine Beschwerden durch die große Höhe mindert. – Außer Coca bot der Markt vielfarbige Gewürze, unglaubliche Kuchen und Torten sowie Eselsmilch, die das reinste Wundermittel sein soll.





Im insgesamt sehr kargen bolivianischen Hochland staunt man über gelegentliche plötzliche Farbtupfer: Beispielsweise an einem Pass drängen sich dann gleich zehn oder mehr kleine Laden-Restaurants mit Toilette im hintersten Hinterhof, die heftig um Kundschaft werben. Das Gleiche begegnete uns an Mautstellen, wo eine ganze Reihe von Getränkebuden mit demselben Sortiment ihre Waren anbieten. – Dafür kann es sein, dass dann auf den nächsten hundert Kilometern gar nichts kommt…


Der Torotoro Nationalpark
Der gut versteckte Torotoro Nationalpark lohnt die Anreise über kurvenreiche Straßen, denn er bietet viel Interessantes über die Erdgeschichte und insbesondere über Dinosaurier in unglaublich anschaulicher Weise! Wir haben nie zu den großen Saurierfans gehört, aber die gut sichtbaren Spuren im Park, mal in den felsigen Boden eingedrückt, mal oben aufgetragen, faszinierten uns dann doch. Vor allem weil die lokalen Guides sachkundig Erklärungen zur Entstehung der großen Fußabdrücke lieferten und auch mehr dazu erzählen konnten, welche Arten von Dinos welche Spuren hinterließen.








Wer den Torotoro NP besucht, sollte sich unbedingt Zeit für eine Wanderung in den großen Canyon nehmen! Die Tour ist landschaftlich sehr beeindruckend und abwechslungsreich; die lange Treppe in den Canyon hinunter macht beim Abstieg seltsamer Weise mehr Spaß als beim Aufstieg auf dem Rückweg… Aber unten auf der Sohle verbirgt sich ein kleines Paradies. Viel Grün am Fluss entlang, große Felsen, die den Flusslauf ein bisschen abenteuerlich machen, und das Beste: mehrere Becken unter kleinen Wasserfällen, in denen man herrlich baden kann!










Als Felsenfans stand für uns natürlich auch die Ciudad de Cites (Steinstadt) auf dem Programm. Sie erstreckt sich auf einem hohen Plateau, das man im Jeep nach einer Stunde Fahrt auf übler Piste erreicht – aber der Ort ist großartig! Viele der großen Felsbrocken haben eine Oberfläche, die genau wie die Haut von Riesenechsen aussieht, schmale Spalten wechseln sich mit weiten Aussichtspunkten ab und es gibt mehrere Höhlen, die eine tolle Atmosphäre haben. Mein persönlicher Lieblingsfelsen war das um die Ecke schauende Mammut. Es gibt im Torotoro Park nicht nur Spuren von Dinosauriern, sondern auch einen Friedhof der Schildkröten. In einigen ungewöhnlich roten Hügeln wurden eine ganze Menge versteinerte Schildkrötenpanzer gefunden, die man inzwischen zwar durch Repliken ersetzt hat, aber die Wirkung einer verblüffenden Stätte ist geblieben. Sie beweist anschaulich, dass dort überall einmal Meer war, was man sich sonst irgendwie nicht richtig vorstellen kann…















Nach den heißen Wanderungen war es super angenehm, sich im Garten unserer Unterkunft im Dorf Torotoro auszuruhen, und am letzten Tag konnten wir als gemütliches Highlight einen Grillabend mit Sandra und Marcelo genießen, unterstützt von der netten Mitarbeiterin der Villa Etelvina. Dabei kam auch der Hund nicht zu kurz – dank seines unaufdringlichen Hypnoseblicks…
Sucre
Wir hatten bis hierher an bolivianischen Städten La Paz und Oruro kennen gelernt – die eine sehr spannend, die andere völlig uninteressant. Cochabamba konnten wir nur streifen, aber nun bot sich mit Sucre eine neue Gelegenheit, unser Spektrum zu erweitern. Und das war sehr lohnenswert! Sucre ist zum einen die konstitutionelle Hauptstadt Boliviens und Sitz des Obersten Gerichtshofes, zum anderen, wie auch Arequipa in Peru, eine weiße Stadt. Fast der gesamte Stadtkern ist UNESCO-Weltkulturerbe, was hier auch in sehr positiver Weise als Auftrag gesehen wird: Es gibt hauptsächlich schön restaurierte Gebäude, alles wirkt gepflegt und viele Häuser weisen zudem kleine Infotafeln auf, sodass man als Besucher auch ohne Führung etwas über deren frühere Nutzung und ehemalige Bewohner erfährt. Außerdem kann man verschiedene Dächer und Türme besteigen, eine unserer Lieblingsbeschäftigungen, weil man immer wieder neue Ausblicke erhascht. Oder man trifft nette Leute: Im Turm von San Miguel (dem Gebäude auf der 100-Boliviano-Note) befindet sich ein Café, wo wir zwischen Snacks und Ausschau in alle Richtungen Halten ein deutsches Paar kennen gelernt haben, das für lange Zeit auf Reisen war und ebenfalls bloggte – es war richtig schön, mal so zu quatschen.








Wir haben Sucre auch als eine Genuss-Stadt erlebt, es gibt schöne Cafés, man hat Spaß am Bummeln und all die schönen Gebäude können leicht, zum Teil auch gratis, besichtigt werden. So erkundeten wir unter anderem die Kathedrale, das Nationalmuseum mit der blutigen Geschichte von Boliviens Kampf für die Unabhängigkeit oder das Monastero de la Recoleta mit seinen wunderschönen Kreuzgängen und Gärten. – In einer so hübschen Stadt kommen auch die arbeitenden Bewohner gerne zwischendurch mal zur Ruhe, wie die Tortenverkäuferin auf dem Markt oder der (ge)wichtige Rechtsanwalt, um sich mit süßen Träumen zu erholen…














Potosi
Nachdem sowohl der Torotoro Nationalpark als auch Sucre mit nur 2700 bis 2800 Höhenmetern und viel Wärme ein bisschen Erholung von der Zeit auf dem Altiplano geboten hatten, kehrten wir mit dem Aufenthalt in Potosi wieder auf eine stattliche Höhe von fast 4100 Metern zurück. Auf dem Weg bot noch die alte Hängebrücke, die die Grenze zwischen den Provinzen Sucre und Potosi markiert, eine leicht abenteuerliche Abwechslung: Man kann das Bauwerk am Brückenkopf besteigen, allerdings fehlen auf dem metallenen Treppengerüst die Holzplanken. So besteigt man quasi das Gestänge… Genauso verhält es sich mit der Brücke selbst, die dem Verfall preisgegeben ist, weil sie nicht mehr gebraucht wird, überall fehlen schon Bretter oder sie sind lose. Spaß gemacht hat’s trotzdem – oder gerade deshalb…
Potosi erlangte bereits im 16. Jahrhundert weltweite Berühmtheit, weil die Spanier als fleißige Eroberer das Land nicht nur unterwarfen, sondern auch ausbeuteten. Die seit der Inkazeit bekannten Silberminen des Hausberges Cerro Rico boten so viel Silber, dass die Stadt zur Hauptstadt der königlichen Münzprägung wurde, die erste Münz-Akademie beherbergte und zu Beginn des 17. Jahrhunderts die drittgrößte Stadt der Welt war. – Die Reste dieser Pracht sind ebenfalls UNESCO-Weltkulturerbe, man kann noch koloniale Gebäude besichtigen und das Museum in der Casa de la Moneda bestaunen. Dort wird sehr anschaulich gezeigt, wie die Münzen geprägt wurden und wie sich die Prägungsverfahren im Laufe der Zeit veränderten.
















Der Cerro Rico ruft bis heute mit seinen Silbervorkommen und anderen Mineralien die Menschen herbei, es arbeiten gegenwärtig noch immer ungefähr 12000 Männer und Frauen in unzähligen kleinen Minen. Der Staat hat sich in den 80er Jahren aus dem Silbergeschäft zurückgezogen, nun bauen kleine Kooperativen in Eigenverantwortung Silber ab. Was zunächst vielleicht beschaulich klingt, ist härteste körperliche Arbeit unter schlechten Bedingungen: Gearbeitet wird in 12-Stunden-Schichten, die Loren mit dem abgebauten Erz schiebt man ohne maschinelle Unterstützung mit reiner Muskelkraft aus dem Berg. In der Regel sind die Arbeiter hier so lange beschäftigt, bis die Lunge erste Schäden aufweist, dann ist Schluss. Bis dahin hilft das üppige Kauen von Coca-Blättern und die Hoffnung, eines Tages die richtig dicke Silberader zu finden…





Nachdem wir uns am Anfang gleich den Erfahrungen unter Tage gestellt hatten, die spannend, aber auch ein bisschen schockierend waren, machten wir am nächsten Tag einen Ausflug aus Potosi hinaus in die Umgebung. Dieser zeigte uns einmal mehr die großartige Felslandschaft Zentralboliviens und führte uns an einen kleinen, unterirdisch gespeisten See mit warmem Wasser.



Tupiza
Unsere nächste Station war die kleine südbolivianische Stadt Tupiza, die vor allem als Ausgangspunkt für Ausflüge in die großartige Umgebung dient. Die Gegend liegt weniger hoch (2850 Meter) und ist weitgehend von Halbwüstencharakter geprägt. Es gibt unglaublich viele verschiedene Gesteinsformationen, die oft an die Skyline von Städten erinnern oder wie von Menschenhand geschaffene Burgen aussehen. Außerdem haben wir uns gleich beim ersten Ausflug in die vielen großen Kakteen verliebt. – Und uns gefragt, ob auf einem Fußballplatz mitten im supertrockenen Niemandsland wirklich auch gekickt wird… Zusammen mit unserem Guide Hugo und seiner Frau und Köchin Arminda bewunderten wir die erstaunlichen Landschaften rund um einen trockenen Flusslauf und genossen unter einem alten Queñoa-Baum ein fürstliches Picknick.












Da vor allem die roten Felsen uns an den Südwesten der USA erinnerten, dachten wir uns, warum nicht mal ein bisschen Wilder Westen spielen? Also nutzten wir am zweiten Tag die Möglichkeit für einen mehrstündigen Ausritt zur Puerta del Diablo und in den Cañon de Duende. Die Schluchten waren wie geschaffen dafür, sie auf dem Pferderücken zu erkunden. Unsere Pferde konnten sich zum Glück gut leiden, sodass es ein entspannter Ausflug für alle wurde und auch Hugo seinen ersten Ausritt genießen konnte. Am Nachmittag fanden wir es dann herrlich, mal ein Hotel mit Pool zu haben, in dem wir uns gemütlich von Hitze und Staub erholten!











Am nächsten Morgen nahmen wir Abschied von Tupiza und machten uns auf den Weg Richtung Uyuni… Dabei freuten wir uns darüber, dass in Südbolivien auch längere Fahrten immer durch tolle Landschaften entlang der Straße reizvoll sind. So hielten wir unter anderem oberhalb von der Schlucht, in der einst die berühmten Banditen Butch Cassidy und Sundance Kid angeblich festgenommen wurden, nachdem sie für eine Weile erfolgreich in Bolivien untergetaucht waren.









Unser Picknick fand dieses Mal auf einer weiten Hocheben statt, auf der Unmengen an Lamas weideten, aber auch eine ganze Nanduherde unterwegs war! Leider sind die Nandus so scheu, dass wir ohne Teleobjektiv keine Chance hatten, uns ihnen so weit zu nähern, dass wir sie hätten fotografieren können… Dafür waren die Lamas so freundlich, sich ablichten zu lassen.
Eisenbahnfriedhof Uyuni
Ein sehr eindrucksvoller Halt war für uns der Eisenbahnfriedhof von Uyuni. Dieser stammt daher, dass im ausgehenden 19. Jahrhundert in der Gegend um den Salzsee viele Minen entstanden, aus denen die gewonnenen Mineralien und Edelmetalle per Eisenbahn an die Pazifikküste transportiert wurden. Als dann ab 1940 die meisten Minen aufgegeben wurden, benötigte man auch die Güterzüge nicht mehr, sie wurden dem Verfall preisgegeben. Das geschieht zum Glück sehr langsam und sehr malerisch, der Ort wirkt wie ein Freilichtmuseum und inspiriert offenbar auch Künstler zu modernen Werken, die Wächter für die alten Züge sein könnten.














Salar de Uyuni
Am Abend erreichten wir schließlich das Ufer des Salzsees bei Colchani, wo wir im Salzhotel „Luna Salada“ stilvoll übernachteten: Das ganze Gebäude besteht aus Salzblöcken und auch der Fußboden ist größtenteils mit Salz bestreut. Außerdem gab es sehr leckeres Essen, was will man mehr?





Der nächste Tag stand dann ganz im Zeichen der riesigen weißen Salzfläche! Wenn am Ufer noch viele Verunreinigungen dafür sorgen, dass die ersten Eindrücke eher bräunlich sind, zeigt sich bald nur noch blendendes Weiß von ungeheuer großem Ausmaß. Uns fiel vor allem auf, dass man Entfernungen gar nicht einschätzen konnte. Ein paarmal dachten wir, ein Ziel nicht weit vor uns zu haben, und staunten, wie lange man doch noch fahren musste! Schöne Abwechslungen im weiten Weiß bieten die bunten Flaggen und das Erinnerungsmal der Rallye Paris Dakar von 2014 sowie Vicuñas, die zum Salzlecken auf den See kommen. Ob auch Hugo ab und zu davon träumt, mit seinem Jeep einfach mal immer weiter zu fahren?











Unser Weg führte uns dann ans Nordufer des Salar de Uyuni, nach Jirira. Das ist ein winziges Dorf am Fuße des Vulkans Tunupa, wo wir zunächst keine Menschenseele entdecken konnten. Erst als wir der plötzlich einsetzenden Musik folgten, stellten wir fest, dass sämtliche Bewohner sich zu einer Fiesta versammelt hatten, zu der wir gleich eingeladen wurden.
Dennoch machten wir am Nachmittag noch einen Ausflug auf einen Aussichtspunkt über den Tunupa, der zu einem kleinen Abenteuer wurde: Weil uns der kurze Spaziergang zum Aussichtspunkt noch nicht so richtig ausgelastet hatte, fragten wir Hugo, ob wir vom Vulkan hinunterwandern und uns unten wieder mit ihm und Arminda treffen könnten. Jedenfalls dachten wir, dass wir das gefragt hätten… Hugo verstand aber, dass wir eine Runde ins nächste Tal drehen und dann zurückkommen würden. So kam es, dass Stefan und ich zügig und energiegeladen ungefähr 1000 Höhenmeter über Stock und Stein hinunterstiegen, bis Hugo uns hechelnd einholte. Er teilte uns mit, dass es keinen Weg nach ganz unten gebe und wir wieder nach ganz oben umkehren müssten. Natürlich waren wir von diesem Plan alles andere als begeistert! Aber brav folgten wir Hugo quer über die Hänge zurück auf 4700 Meter, wobei es leider rasch dunkel wurde. Irgendwann, als wirklich niemand mehr Lust hatte, weiter im Finstern über Felsen zu stolpern und sich an stacheligen Büschen zu pieksen, fanden wir den Weg zum Jeep. Dort wartete Arminda besorgt auf uns und wir fuhren, mittlerweile wieder lachend, zurück nach Jirira in unsere Unterkunft. Schnell waren die Strapazen wieder vergessen und wir hatten im Nachhinein allerhand Spaß an unserem seltsamen Missverständnis.




















Die Kaktusinsel Inka Wasi
Ein weiteres Highlight auf dem Uyuni ist die Kaktusinsel Inka Wasi, das Haus des Inka. Auf der Felseninsel stehen Hunderte von Riesenkakteen in unterschiedlichsten Formen und als wir dort waren, begann gerade die Kaktusblüte. Von etwas weiter weg wirken die „Arme“ dieser Gewächse manchmal ganz kuschelig, bei näherer Betrachtung verliert man allerdings jede Lust, sie zu berühren. Ein besonderes Erlebnis war im Anschluss an den Spaziergang das Picknick mitten auf dem Salzsee!











Nach dem Besuch der Kaktusinsel freute sich Hugo darauf, mit uns „funny pictures“ zu schießen, was wir zunächst mal gar nicht so gern tun wollten. Eigentlich sind wir nicht so die Poser und grundsätzlich mehr an den Landschaften selbst als an unserem Erscheinen auf Bildern interessiert. Hugo zuliebe ließen wir uns aber auf die Fotosession ein – und hatten dann einen Riesenspaß daran! Mit dem Hopser am Schluss feierten wir unseren Reise-Halbzeit-Tag: Drei Monate und eine Woche unterwegs, noch einmal so viel vor uns.







San Juan
Südwestlich vom Uyuni gibt es am Rande der Ortschaft San Juan eine besondere Sehenswürdigkeit: die Nekropole und das Museum Kawsay Wasy. Hier in der Hochwüste befindet sich ein alter Friedhof der Aymara mit einer großen Anzahl an Grabmälern aus versteinerten Korallen, in denen sogar noch Gebeine und ganze Skelette lagern. Zum Teil sind auch Kleidungsstücke und Grabbeigaben erhalten. Wir waren erstaunt darüber, dass diese wertvollen Funde so im Freien gelassen werden, aber man erklärte uns, dass die extrem trockene Luft eigentlich die beste Umgebung dafür sei. – Wenn man in Betracht zieht, dass etliche der Kuppeln bereits ganz oder teilweise eingestürzt sind und es fast ständig windig ist, erscheint diese Erklärung nicht richtig überzeugend. Vermutlich ist eher Geldmangel der Grund dafür, dass hier noch so wenig archäologisch gearbeitet wurde. Auf jeden Fall war es sehr spannend!





Lagunen und Vulkane in Südbolivien
Von San Juan aus ging es dann direkt nach Westen zur chilenischen Grenze, wo der Vulkan Iruputuncu gut 5000 Meter hoch über die Ebene ragt und einen beachtlichen Krater mit Schwefeldämpfen für die Wanderer bereithält. An der Grenznähe liegt es auch, dass man hier ab und zu – scheinbar mitten im Niemandsland – an einem Schlagbaum halten muss und kontrolliert wird. Von Weitem schien uns dieser Berg nicht sehr anspruchsvoll zu besteigen, aber die Höhe machte den Weg ziemlich beschwerlich! Oben bewunderten wir zusammen mit Hugo und Arminda das giftiggelbe Gestein, wobei wir versuchten die Dämpfe möglichst nicht einzuatmen. Ein stinkiges Tor zur Unterwelt… Zurück in San Juan entdeckten wir einen wirklich erstaunlichen Laden in dem sonst so unscheinbaren Ort. Dort gab es eine unglaubliche Vielfalt an Waren von Souvenirs über Sportartikel und Schuhe bis hin zu Kosmetikprodukten, eben alles, was die Dorfbewohner brauchen. Wir hielten uns, durstig von der Wanderung, an Saft und Kaktusbier!











Immer weiter fuhren wir durch eine wunderschöne Landschaft nach Süden: Diese ist von großer Weite geprägt, in der die einzelnen Berge (oft Vulkane) sehr erhaben wirken. Ergänzt wird das durch bizarre Felsformationen und Pflanzen, die der Trockenheit standhalten wie Yareta, eine Art Moos, das ausschließlich auf Steinen wächst und den Einheimischen nicht nur als Brennstoff, sondern auch für medizinische Zwecke dient.








Der nächste Abschnitt unseres Weges war den Lagunen gewidmet: Relativ nah beieinander beeindrucken die Laguna Cañapa, Hedionda, Chiar Khota, Honda und Ramaditas mit verschiedenen Farben und Salzkrusten sowie ihren elegantesten Bewohnern, den Flamingos. Ab und zu werden diese von Vicuñas unterstützt, und auch hier trifft man auf bewaffnete Ordnungshüter, weil alles Grenzgebiet zu Chile ist.














In Südbolivien zeigt sich immer wieder, dass die Natur eine großartige Künstlerin ist! Kaum hatten wir die Lagunen hinter uns gelassen, erwartete uns der nächste Höhepunkt: die Steinwüste Siloli. Hier hat der Wind gemeinsam mit schmirgelndem Sand unglaubliche Skulpturen wie den Steinbaum geformt. Es machte uns großen Spaß, zwischen den skurrilen Felsen herumzulaufen, wobei es durch den Wind überhaupt nicht so still und friedlich war, wie es auf den Bildern wirkt!








Am Ende dieses ereignisreichen Tages erreichten wir schließlich die Laguna Colorada, die mit ihren Farben und ihrer Größe irgendwie die Königin der dortigen Lagunen ist. Die weite, karge Landschaft erweist ihr gebührend Respekt und als Mensch fühlt man sich recht klein…








In der einfachen, aber gemütlichen kleinen Unterkunft an der Laguna Colorada verbrachten wir – schon! – den letzten Abend unserer Bolivienreise… Auch Marcelo stieß noch einmal zu unserem Grüppchen, Arminda kochte wie immer richtig lecker und wir ließen gemeinsam die Erlebnisse der letzten Wochen Revue passieren. Für uns stand fest, dass wir ohne die tollen Guides und Köchinnen nur halb so viel Spaß gehabt und sicher sehr viel kärglicher gegessen hätten! Durch viele Gespräche auf den Fahrten und bei Wanderungen bekamen wir jede Menge authentische Einblicke ins Leben der Bolivianer, außerdem sind geteilte Eindrücke meist auch intensivere…



Aber noch hatten wir nicht alles gesehen, was die Provinz Potosi zu bieten hat. Deshalb brachen wir nach einer kalten Nacht früh am nächsten Morgen zum Geysirfeld „Sol de Mañana“ auf. In der superklaren Luft auf 4850 Metern Höhe erstrecken sich hier allerlei dampfende und blubbernde Geysire, es zischt und riecht ordentlich nach Schwefel. Man fühlt sich ein bisschen auf einen anderen Stern oder nach Mordor versetzt…











Nach der Tour über das Geysirfeld fuhren wir zur Laguna Chalviri, die nicht nur einfach schön anzuschauen ist, sondern auch noch Thermalquellen bietet, in denen man auf immer noch 4500 Metern entspannt baden kann. Pools mit solcher Aussicht findet man ganz sicher nicht oft!





Weiter Richtung Grenzübergang und damit dem Ende unserer Bolivientour entgegen kamen wir an Bergmassiven vorbei, die fast als Rainbow Mountains durchgehen könnten. Die Schneereste auf einigen davon wirkten im Wüstenklima ganz surreal, aber wunderschön!








Und dann gab es nur noch zwei kürzere Stopps an der Laguna Verde und Blanca, jeweils von hohen Andengipfeln oder Vulkanen umgeben, bevor wir uns endgültig von Hugo, Arminda, dem treuen Jeep und dem schönen Bolivien verabschieden mussten…






Verbunden durch die langen Fahrten mit bolivianischer Musik, Muskelkater nach dem Ausritt, zerkratzte Waden nach der Bonuswanderung am Tunupa und schließlich das himmlische Thermalbad an der Lagune, fiel uns allen der Abschied richtig schwer. Wir konnten uns erstmal gar nicht vorstellen, wirklich alleine weiterzumachen. Es war einfach eine tolle gemeinsame Zeit mit Hugo und Arminda!
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Nordchile

San Pedro de Atacama und Umgebung
Lagunas Escondidas de Baltinache
Als wir in den letzten Oktobertagen aus dem Hochland von Südbolivien nach San Pedro de Atacama in die chilenische Wüste hinunter kamen, fiel uns zweierlei auf: Zum einen war es auf einmal hochsommerlich warm, woran wir uns ein bisschen gewöhnen mussten, zum anderen veränderte sich die Landschaft gar nicht wesentlich, was wir nicht so erwartet hatten. Weiterhin regierten karge Schönheit und Weite das Bild, nur eben knapp 2000 Meter weiter unten. Unser erster Ausflug in der Umgebung San Pedros ging nach Südwesten zu den Lagunas Escondidas, den Versteckten Lagunen. Ich hätte mir dabei Hügel oder Bäume zum Verstecken vorgestellt, nicht aber, dass man mitten in der platten Landschaft kleine Wasserbecken suchen muss… Das erwies sich als wunderschön, denn die intensiven Farben des Wassers, das Salz am Ufer der Lagunen, die dunklen Berge im Hintergrund und das ungetrübte Blau des Himmels ergaben tolle Kombinationen, egal wohin man schaute! Die Besichtigung der Lagunen ist streng geregelt, man bewegt sich auf Holzstegen, um die fragile Landschaft nicht zu zerstören. Zur Belohnung winkt ein Bad in der größten und sehr salzigen Lagune (unter der Aufsicht eines Bademeisters), in der das Wasser wie im Toten Meer Halt zum Dahinschaukeln bietet. Ein großartiges Erlebnis in völliger Stille, aber Achtung: Es drohen „versalzene“ Haut und ein ordentlicher Sonnenbrand, wenn man sich nicht hinterher beeilt und noch zu lange durch die herrliche Gegend trödelt…














Nachdem wir in Bolivien ständig unterwegs gewesen waren, wollten wir uns in San Pedro ein paar Tage Ruhe gönnen. Zu diesem Zweck hatten wir uns in der Atacama Lodge eingemietet, die auch tatsächlich alle Voraussetzungen für einen entspannten Aufenthalt bot – inklusive Pool und Lamas. Einmal hielt ich mich leider zu wenig an das Entspannungsprinzip und rannte mit meinen Flipflops übers Lodge-Gelände, was an einer übersehenen Stufe mit einem Sturz auf Knie, Schulter und Kopf endete… Zum Glück waren jede Menge hilfsbereite Leute da, die sich kümmerten, auch lernte ich so die sehr ordentliche Erstversorgung in Chile kennen, sodass die Sache bis auf eine Naht an der Schläfe und ein paar Pflaster glimpflich ausging – dem Lama war es eh egal!





Quebrada de Chulakao
Ganz in der Nähe von San Pedro befindet sich eine schöne Möglichkeit zum Wandern, die Quebrada de Chulakao. Im Haupttal befindet sich die hübsche Iglesia de San Isidro mit einer Tür aus Kaktusholz, deren Inneres allerdings nicht zu besichtigen war. Ein Stück weiter liegt der Eingang zur langen gewundenen Schlucht, begeistert wanderten wir durch die vielseitigen Felsformationen. In der Hitze des Tages war es auch immer wieder angenehm, zwischendurch Schatten an besonders engen Stellen zu finden! Am Ende führt der Weg zu einem Aussichtspunkt hinauf, der einen tollen Blick über die Atacama Wüste und auf die bolivianischen Vulkane in der Ferne bietet.













Valle de la Luna
Auf jeden Fall gehört ein Besuch des Valle de la Luna etwas westlich von San Pedro dazu, wenn man sich in der Gegend aufhält. Die Landschaft ist großartig und skurril, man kann sich sehr gut vorstellen, hier Filme über Mondmissionen oder Aliens zu drehen! Die immer wieder auftretende Salzkruste hat uns allerdings auch an Raureif oder Puderzucker erinnert, und eine steinerne Skulpturengruppe sah absolut nach Krippenfiguren zu Weihnachten aus… Es gibt am Eingang einen guten Plan mit Parkmöglichkeiten und kleinen Wanderungen bzw. Spaziergängen, denn das Valle de la Luna bietet eine ganze Reihe an sehr unterschiedlichen Felsmonumenten zum Anschauen. – Etwa bedauerlich fanden wir, dass man mittlerweile nur noch online im Voraus Tickets kaufen kann, weshalb wir einen Tag später als geplant ins Mondtal kamen. Aber natürlich ist es deshalb nicht weniger schön und bezaubernd!













Klar, dass wir uns den vielgelobten Sonnenuntergang über dem Valle de la Luna nicht entgehen lassen wollten. Auch dieser ist inzwischen nur noch mit Zugangsberechtigung zu beobachten: Man erwirbt mit dem Kauf des allgemeinen Tickets das Recht, am Mirador de Kari (Piedra del Coyote) ein Plätzchen zu suchen und das wunderschöne Spektakel zu genießen, was wir ausgiebig taten. Das Tal selbst muss man bis etwa 18.30 Uhr und somit vor Sonnenuntergang verlassen. – Damit war Chile für uns das erste Land unserer Touren, in dem Sonnenuntergänge reglementiert werden…





Weiterfahrt nach Argentinien
Nach vier Tagen in Nordchile machten wir uns wieder auf den Weg, um in den Nordwesten Argentiniens zu reisen. Eigentlich wollten wir einen Pass südlich von San Pedro für die Überquerung der Grenze nehmen, um uns unterwegs noch weitere Lagunen anzuschauen. Aber hier war Chile leider überhaupt nicht auf unserer Seite: Als wir nach einer Fahrt von über 100 Kilometern dort ankamen, wies man uns mit der Begründung ab, dass auch hier mitten im Niemandsland der Zutritt nur mit zuvor online gebuchten Tickets möglich sei. – Damit hatten wir nun gar nicht gerechnet. Es gab keinerlei Optionen, direkt vor Ort zu bezahlen und natürlich kein Internet… Wenig touristenfreundlich! Aber wir bekamen zum Glück die wichtige Information, dass auch der von uns gewählte Pass dauerhaft geschlossen sei. So sparten wir uns zumindest weitere Kilometer in die falsche Richtung, machten kehrt und fuhren über den Paso de Jama östlich von San Pedro. Die wunderschöne weite Landschaft tröstete uns etwas über den unergiebigen Umweg hinweg und wir besichtigten kurz vor der argentinischen Grenze auf 4200 Metern noch tolle Felsfiguren im Reserva Nacional Los Flamencos.











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Nordwest-Argentinien

Fahrt von Chile nach Argentinien
Nach den schönen, aber etwas arg reglementierten Tagen in der chilenischen Atacama-Wüste reisten wir am Paso Jama in den Nordwesten Argentiniens ein und waren sehr gespannt darauf, wie sich dieses Land von den anderen unterscheiden würde. Die erste Erfahrung war dann ein wenig holprig: Kaum eine Stunde auf einer argentinischen Straße unterwegs, platzte ein Hinterreifen an unserem Mietauto – natürlich mitten in malerischer, weiter Einsamkeit! Es erwies sich als sehr gut, dass Stefan bei der Übergabe des Autos aufgepasst hatte, sodass der Reifenwechsel recht schnell und reibungslos funktionierte. Nach ungefähr zwanzig Minuten konnten wir weiterfahren und uns nach einigen Stunden auf knapp viereinhalb Tausend Metern nun auf der Cuesta de Lipán ins Tal von Purmamarca hinunterschrauben.





Purmamarca
Schon der erste Abend in Purmamarca deutete an, dass Argentinien uns begeistern würde. Vom fürsorglich-netten Vermieter bis zum Abendessen in einem sehr einheimischen Lokal mit toller live Musik trug alles dazu bei, uns den langen und mühsamen Fahrtag vergessen zu lassen und unsere Vorfreude auf die Erkundung des Ortes am nächsten Morgen zu wecken. Bei schönstem Wetter und sommerlichen Temperaturen spazierten wir dann durch das richtig hübsche Dorf, in dem man viel Kunsthandwerk, kreativ gestaltete Läden und originelle Graffitis findet. Rund um die zentrale Plaza gibt es einen täglichen Markt mit Souvenirs, und etliche Cafés laden zu einer entspannten und günstigen Pause ein, denn der chaotische Kurs der argentinischen Pesos plagt zwar die Einheimischen, ist aber für Touristen sehr praktisch. Übrigens sieht man auch auf der Plaza mit etwas Glück Musizierende und Tanzende, was für eine sehr beschwingte Atmosphäre sorgt!








Direkt von Purmamarca aus kann man einen längeren Spaziergang durch die vielfarbigen Hügel des Cerro de los Siete Colores machen, die das Städtchen umgeben. Von Rot über Grün bis Grau in verschiedensten Farbtönen ist hier alles geboten, dazu kommt eine große Vielfalt an Formen, die uns sehr lebhaft vor Augen führt, dass all diese harten Felsen einmal weich wie Brei waren – in Purmamarca kann man sich das wirklich vorstellen.








Ähnlich wie die bunten Felsen begeisterten uns auch die vielen Kandelaberkakteen, die in würdevoller Haltung die steinigen Ebenen entlang der Cuesta de Lipán bevölkern. Mit etwas Phantasie sehen sie von weitem wie langsam wandernde Menschen aus, die alle dem gleichen Ziel zustreben.





Tilcara
Nachdem wir Abschied vom hübschen Purmamarca genommen hatten, fuhren wir durch die Quebrada de Humahuaca weiter nach Tilcara. Auch diese kleine Stadt ist sehr lebendig! Es gibt viele farbenfrohe Häuser und Graffitis – die übrigens eindeutig zeigen, dass ich nicht alleine mit dem Fimmel war, Kakteen als lebende Figuren wahrzunehmen. In der kleinen Kirche gefiel uns vor allem das Dachgebälk aus Kaktusholz, und in Cachi sahen wir später sogar einen Beichtstuhl aus diesem besonderen Material!







Rings um Tilcara lässt es sich auch sehr schön wandern! Zum Beispiel bietet die Quebrada de Casa Colorada außer skurrile Felsformationen und einen Wasserfall auch einen Blick in die unglaublichen Weiten des andinen Hinterlandes – eine menschenleere Gegend wiederum mit reichlich Kakteen geschmückt.










Maimará
Auf dem Weg zurück Richtung Süden nach Salta stoppten wir noch bei Maimará, wo wir den fast am schönsten gelegenen Friedhof auf unserer Reise entdeckten (Welcher die schönste Lage hat, wird später verraten!). Auf einem Hügel mit direktem Blick auf die bunten Falten der angrenzenden Berge ruhen hier die Toten in teils einfachen, teils recht prächtigen Grabmälern…


Salta
Nach viel beeindruckender Natur stand mit Salta nun mal wieder eine größere Stadt auf dem Programm. Sie ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz und ihr Name bedeutet in der Sprache der indigenen Aymará „die Schöne“. Es gibt auch tatsächlich ein koloniales Zentrum mit imposanten Gebäuden und Kirchen, viele Läden und große Plätze. – Das Leben hier zeigte sich uns vor allem in einer Menge von fröhlichen Fußballfans zweier lokaler Vereine, die am Nachmittag unserer Ankunft ausdauernd Gesänge zum Besten gaben (unser Hotel lag direkt an der Ecke der zentralen Plaza 9 de Julio). Als wir Touristen neben ihnen stehen blieben, um ein bisschen zuzuhören, liefen sie zur Höchstform auf und wollten gar nicht mehr aufhören. Die Fortsetzung gab es dann abends nach dem Spiel, als die Fans beider Mannschaften in einem Umzug singend um den Platz herum marschierten.
Ansonsten war Salta für uns die Stadt der Suche: nach Läden, in denen wir unsere Simkarten freischalten und dann auch mit Guthaben aufladen konnten (was leider getrennt stattfinden musste), nach einer Arztpraxis, in der ich die Fäden meiner Wundnaht an der Schläfe ziehen lassen konnte, und schließlich nach einer Gomeria, in der wir den kaputten Reifen des Mietautos flicken lassen konnten, um wieder einen Reservereifen zu haben. Das alles gelang dank vieler freundlicher Auskünfte der Bewohner Saltas, und wir lernten, dass beim Prinzip, Entfernungen in Blöcken zu beschreiben, „zwei Blöcke geradeaus und dann vier nach links“ genauso gut „vier Blöcke geradeaus und dann zwei nach rechts“ heißen konnte. Irgendwann war man am gesuchten Ort und fand das Gewünschte!














Fahrt von Salta nach Cachi
Nachdem alle Aufgaben in Salta bewältigt worden waren, machten wir uns auf den Weg nach Cachi. Das etwas regnerische Wetter hatte sich aufgelockert und so fuhren wir mit immer mehr Sonne durch grandiose Landschaften. Die Kühe auf der Straße entschieden sich zum Glück doch dazu, uns vorbeizulassen, die letzten Wolken setzten die auftauchenden Berggipfel richtig in Szene und die Straße wand sich malerisch an den Hängen hinauf – schöner kann Fahren kaum sein! Kurz vor Cachi streiften wir noch den Parque Nacional Los Cardones, der uns aber nach den Mengen von Kakteen, die wir zwischen Purmamarca und Tilcara schon gesehen hatten, nicht mehr so beeindruckte.









Cachi
Der kleine Ort Cachi ist absolut einen Aufenthalt wert! Das ganze Zentrum besteht aus weiß gestrichenen Häusern, etliche davon sind von hohen Gehweg-Podesten umgeben, die das Ortsbild interessant und das Spazieren etwas abenteuerlich machen. Eine weitere Besonderheit stellen die Türen an den Häuserecken dar – wozu auch immer das sinnvoll sein mag. Stärken kann man sich in richtig guten und günstigen Restaurants mit einheimischer Küche wie zum Beispiel Cazuela de Cabrito, einem Schmorgericht mit Fleisch vom Zicklein. Uns sind – in leichtem Gegensatz zum schmucken Dorf – die vielen sehr alten Autos aufgefallen, vor allem französische Marken mit Baujahren deutlich im vorigen Jahrhundert. Aber sie fuhren und dienten zum Transport von allem Möglichen…
Unsere Unterkunft im Automovil Club Argentina war übrigens perfekt, um hier zwei sehr entspannte Tage zu verbringen. Das schöne alte Hotel liegt auf einem grünen Hügel am Stadtrand und bietet außer einem idyllischen Innenhof mit einem riesigen alten Baum auch einen großen Pool, den wir Anfang Dezember, also mitten im argentinischen Sommer, sehr genossen!











Fahrt nach Cafayate
Zugegeben: Es fiel uns ein wenig schwer, das idyllische Cachi wieder zu verlassen – aber natürlich lockte auch schon der nächste reizvolle Ort, nämlich Cafayate. Wie auch nach Cachi war die Strecke hier landschaftlich großartig. Nach jeder Kurve winkte ein neuer Ausblick auf erstaunliche Felsformationen, teilweise schlängelte die Straße sich fast labyrinthartig durch Aufwerfungen und die weißen Wolken am Himmel ergänzten den jeweiligen Eindruck, Grund zur Sorge um das Wetter waren sie jedenfalls nicht! Man muss allerdings dazu sagen, dass fast die komplette Straße ungeteert war, also nur aus Schotter oder Sand bestand, sodass die Fahrt sich auch ein bisschen nach Abenteuer anfühlte.








Cafayate
Cafayate, das mitten in einem Weinbaugebiet liegt, ist städtischer als Cachi und liegt wieder deutlich unter 2000 Metern. Es gibt von jedem etwas zu sehen; außer einigen Streetart-Bildern und der Kolonialkirche gefiel uns vor allem das außergewöhnliche Haus eines Künstlers, bei dem Wohnung und Werkstatt ineinander übergingen. Von außen war es schon spannend, aber drinnen stapelten sich Unmengen von Kisten mit tönernen Masken und anderen getöpferten Gegenständen – eine Mischung aus Galerie und Museum!





Quebrada de las Conchas
Da wir quasi aus einem Weinbaugebiet kommen, interessierten wir uns nicht so sehr für die riesigen, ebenen und rechtwinkligen Weingüter in der Umgebung Cafayates. Dafür verbrachten wir als Felsenfans einen unglaublich schönen Tag in der Quebrada de las Conchas. Entlang der Ruta 68 kann man auf einem Abschnitt von ungefähr 40 Kilometern eine Vielzahl von Farben und Formen im Sandsteingebirge entdecken. Gut ausgeschildert und mit Parkplätzen ausgestattet lassen sich Nebentäler erkunden oder Ausblicke direkt an der Straße genießen. Es lohnt sich absolut, sich dafür Zeit zu lassen, denn das Licht bei der Einfahrt ins Tal am Morgen wirkt komplett anders als auf der Rückfahrt am Spätnachmittag bei sinkender Sonne! Übrigens ist die Landschaft in Argentinien so krass, dass sogar die Kurven besonders sind – jedenfalls suggerieren das die Schilder. Aber keine Angst, so brutal, wie es hier aussieht, sind die Kurven dann doch nicht!






















El Peñon
Von Cafayate aus ging es weiter nach Süden Richtung La Rioja. Allerdings bogen wir dann aber nach knapp 200 Kilometern bei Hualfin von der Ruta 40 nach Nordwesten ab, was eine super Entscheidung war, denn dort erwartete uns eine der bizarrsten Landschaften der ganzen Reise: Die Puna de Atacama um den kleinen Ort El Peñon. Bereits auf der Fahrt hinauf staunten wir über gewaltige Sanddünen, mit denen wir auf einer Höhe von über 3000 Metern und mitten im Gebirge nicht gerechnet hätten. Die unfassbare Weite oben mit Gruppen von Vicuñas und immer wieder fast schneeweißen Sandflächen war dann wirklich atemberaubend! Es ist faszinierend zu sehen, dass Wüste sich in so vielen verschiedenen Erscheinungen präsentieren kann.
Übrigens gibt es in diesem Teil Argentiniens viele mehr oder weniger wilde Esel, die oft in kleinen Gruppen unterwegs sind. Manchmal sind sie so scheu, dass sie laut schreiend (so klingt es!) die Flucht ergreifen, sobald man in ihre Nähe kommt. Gelegentlich trifft man aber auch auf sehr neugierige Exemplare wie den Kollegen, der am liebsten zu uns ins Auto gestiegen wäre…








Es war für uns fast unvorstellbar, wie hier oben in El Peñon in dieser einsamen Weite Menschen wohnen können. Im kleinen Ort waren dann gefühlt auch alle verwandt oder zumindest verschwägert und das geöffnete Gasthaus glich einem Wohnzimmer für die Dorfbewohner: Im Fernsehen lief Fußball, am Tisch nebenan wurden von den Töchtern der Wirtsleute die Fingernägel gestylt und die Speisekarte gab es mündlich von der Wirtin selbst. Immerhin wurden wir freundlich in bevorstehende Dorfaktivitäten eingebunden, denn mehrere Kinder baten uns um den Kauf von Losen für eine geheimnisvolle Tombola. Da der Erlös für einen guten Zweck war, kauften wir natürlich welche, obwohl wir die Ziehung nicht miterleben konnten – ob wohl irgendwo in El Peñon noch Gewinne auf uns warten?


Da die Straßen hier oben durch ziemlich schwieriges Gelände führen, ist man als Besucher gut beraten, wenn man eine Jeeptour mit den einheimischen Anbietern bucht – und natürlich leben diese auch davon. So machten wir mit zwei Brüdern unserer Vermieterin einen fünfstündigen Ausflug in die Ebene von El Peñon, der neue Superlative bezüglich der Landschaft brachte: Die Mitte der Ebene bildet der kohlrabenschwarze Vulkankegel des Carachi Pampa, teils umgeben von einem Boden aus grauer Vulkanasche, der wie frisch aus dem Meer gehoben aussieht, teils von einem versteinerten Salzsee, in der Ferne begrenzt von roten Bergen. Da hatte jemand bei der Schöpfung richtig Spaß und wir standen immer wieder einfach staunend da!








Ein Highlight der Puna de Atacama bildet eindeutig das Campo de Piedra Pomez, wie alles andere hier oben auch vulkanischen Ursprungs. Es ist eine riesige Fläche voller Brocken aus Bimsstein, die mit ihrer weißen Farbe und den scharfen Kanten eigentlich wie erst vor Kurzem entstanden wirken. Wer hier nicht seine Phantasie spielen lässt, verpasst etwas! Die wildesten Vergleiche drängten sich auf, während die Stille und Klarheit der Umgebung uns zwischendurch andächtig verharren ließen…













Tapfer ruckelten und schuckelten wir weiter, denn die Straße gab ihr Bestes, um uns auf den Boden der Realität zurückzuholen. Stellenweise hatte man den Eindruck, zu Fuß schneller voranzukommen, aber dabei unterschätzten wir natürlich die Entfernungen… Der letzte Haltepunkt lohnte die Mühe aber absolut, weite hohe Sanddünen aus weißer Vulkanasche beeindruckten uns gewaltig. Wo waren wir hier gelandet, im Schnee? In der Sahara? Was für eine verwirrende und ungeheuer schöne Mischung!





Wie immer lockte der Ruf anderer interessanter Gegenden aus der Ferne und so verabschiedeten wir uns ganz erfüllt von der Puna de Atacama. Zum Glück war ja der Rückweg ebenso schön wie der Hinweg, die Vicuñas standen freundlich Spalier und mit etlichen Fotostopps zögerten wir den endgültigen Abschied von dieser einzigartigen Landschaft noch etwas hinaus, bevor wir wieder in die Ruta 40 einbogen.





El Chiflon
Unsere Fahrt führte uns noch ein Stück durch die wilde Catamarca, dann kamen wir nach La Rioja, was eine Erleichterung darstellte, weil diese Provinz schon etwas mehr mit Tourismus zu tun hat. Das bedeutet nicht, dass Massen von Reisenden unterwegs sind, aber es zeigt sich zum Beispiel an einem weniger komplizierten Umgang mit Geld: Wir hatten wieder eine Chance, am Automaten an Bargeld zu gelangen oder mit der Kreditkarte zu bezahlen, was uns in Catamarca wirklich Kopfzerbrechen bereitet hatte! Außerdem hatten wir in Belen, wo wir weder Geld abheben noch während der Mittagszeit Kaffee trinken konnten (in den Restaurants weigerte man sich, statt Essen nur Kaffee zu servieren, obwohl sie quasi leer waren), unsere zweite Reifenpanne. Mitten im Ort lag ein Aluminiumstück auf der Straße und bohrte sich energisch in einen Reifen, der zischend den Geist aufgab. Glücklicherweise befand sich direkt gegenüber eine Gomeria und der junge Mann, der dort arbeitete, verschob seine Mittagspause ein bisschen, um fix unseren Reifen zu flicken. Der Preis für diesen richtig netten Dienst waren unglaubliche 2000 Pesos, also etwa zwei Euro – so liebenswert sind die Argentinier!
El Chiflon hatten wir als Ausgangspunkt für Ausflüge in zwei weitere Naturparks ausgesucht, ohne zu wissen, dass es faktisch keine Ortschaft war, sondern eigentlich auch ein Naturabschnitt entlang der Straße. Das Hotel Posta Pueblo El Chiflon war aber sehr real und ein wunderbarer Platz, um entspannte Stunden nach langer Fahrt oder Ausflügen dort zu verbringen. Es gab sehr gutes Essen und Wein, einen Pool, viele dicke Wüstenfrösche, gefräßige Ziegen, die auch vor Kakteen nicht Halt machten, Füchse – und eine Weihnachtskrippe in der Rezeption, denn auch wenn es sich gar nicht so anfühlte: Trotz 35 Grad Hitze befanden wir uns mitten in der Adventszeit!











Ein paar Kilometer von unserem Hotel entfernt stießen wir am Straßenrand auf eine Stelle mit einigen kleinen Kreuzen, um die herum Unmengen von vollen Wasserflaschen aufgetürmt waren. Was zunächst wie ziemlich wüste Abfallentsorgung auf uns wirkte, ist eigentlich die Verehrung einer Volksheiligen: la Difunta Correa. Der Legende nach zog diese Frau im Unabhängigkeitskrieg Argentiniens gegen die Spanier 1841 ihrem Mann hinterher, der in spanische Gefangenschaft geraten war. Dabei nahm sie ihr frisch geborenes Kind mit. Leider hatte sie die Härte der Wüstenlandschaft unterschätzt und verdurstete in einem kleinen Tal bei San Juan. Als die Tote einige Tage später von Gauchos gefunden wurde, soll ihr Baby überlebt haben, weil es an der Brust der Mutter weiterhin getrunken hatte. Heute ist la Difunta Correa die Schutzheilige der Reisenden und LKW-Fahrer, aber auch Bräute huldigen ihr. Die zahlreichen Wasserflaschen sollen den Durst der armen tapferen Frau stillen und den Gläubigen Glück bringen.
Parque Natural Provincial Ischigualasto
Der Ischigualasto Park, der sich am nördlichen Rand der Provinz San Juan befindet, hat zwar einen schier unaussprechlichen Namen, lohnt aber auf jeden Fall einen Besuch. Am Parkeingang gibt es ein gut aufbereitetes Museum mit den etwa 230 Millionen Jahre alten Fossilien-Funden der Gegend, in dem sehr anschaulich erklärt wird, wie man von den Fundstellen und der Lage der Funde Rückschlüsse auf Ereignisse rund um diese Vorfahren der Dinosaurier ziehen kann. Und auch im Informationszentrum weiter drinnen im Park erfährt man sehr Interessantes über die Arbeit der Archäologen.
Der Besuch des auch Valle de la Luna genannten Parks (auf unserer Reise nun das dritte Mondtal) findet geführt im eigenen PKW statt. Das klang für uns zuerst etwas bevormundend, erwies sich aber als eine sinnvolle und sehr informative Form: Der Guide beschloss, in unserem Auto mitzufahren, was für viele zusätzliche Möglichkeiten zum Fragenstellen sorgte und außerdem eine gute Gelegenheit bot, sich mal wieder mit einem Einheimischen über seinen Alltag zu unterhalten, denn der Mann war wirklich gesprächig. Die anderen Teilnehmer der Führungsfahrt, fünf Fahrzeuge, waren vor allem Argentinier im Urlaub und alle sehr offen und kontaktfreudig, sodass wir eine gut gelaunte Gruppe bildeten.

















Talampaya Nationalpark
Man wiederholt sich, wenn man in Südamerika über die Weite der Landschaft spricht, aber diese ist einfach so beeindruckend und prägt auch so das Reisen, dass man nicht umhin kommt, sie zu erwähnen! Uns hatten es die endlos geraden und eigentlich immer leeren Straßen angetan. Manchmal konnte man sich nicht vorstellen, dass man sich einem Nationalpark mit Bergen und Schluchten näherte, aber plötzlich tauchte dann eine Abbiegung zu einem Fels in der Ferne auf, und zack erreichte man das nächste Naturmonument. – Eine hübsche, aber auch wohlbegründete Abwechslung unterwegs stellten die Warnschilder für kreuzende Tiere dar. Statt Nandu, Guanaco und Fuchs begegneten uns im Talampaya Nationalpark, der zur Provinz La Rioja gehört, aber erstmal ganz andere Tiergestalten: nämlich ziemlich lebendig wirkende Dinosaurier! Der kurze Rundweg am Eingang des Parks mit etlichen Dinos bietet sich natürlich vor allem für Familien mit Kindern an, kann aber auch sehr nett die Wartezeit auf den Start zur Fahrt durch die Highlights in Talampaya überbrücken.
Der Park kann nur geführt besucht werden, für die zwei interessantesten Runden steigt man in einen Bus, der auch über ein Panoramadeck verfügt, das auf einigen Abschnitten der Strecke genutzt werden kann. So erreicht man die verstreut liegenden Felsfiguren und Canyons und bekommt auf kleinen Spaziergängen viele sachkundige Informationen (natürlich auf Spanisch). Im Schatten eines Wüstenbaumes erwartete uns dann ein richtig leckeres Picknick mit Kürbissuppe, Nüssen, Limonade und sogar Wein für eine entspannte Mittagspause, die allen sehr gut tat, denn die Temperaturen dort steigen um diese Zeit auf deutlich über 30 Grad an!
















Die schönsten Felsformationen bilden die roten Wände aus Sedimentgestein, mal längs, mal quer geschichtet und geformt. Es gibt viel zu sehen und an einigen Stellen auch zu hören, denn man kann die ausgespülten Längsrinnen zum Teil als Klangkörper für tolle Echoeffekte nutzen – was wir mit der Gruppe natürlich ausgiebig ausprobieren mussten. Ebenfalls sehr interessant waren die Petroglyphen: Der Guide erklärte uns, dass die Künstler in prähistorischer Zeit schon genau wussten, welche Felsen genügend vor starker Sonneneinstrahlung und Erosion durch den Wind geschützt waren, um die Bilder auf dem Stein lange überdauern zu lassen.








Weiterfahrt über den Paso Agua Negra nach Chile
Nach den beeindruckenden Ausflügen in die Weltkulturerbe-Parks von Talampaya und Ischigualasto kam der Tag, an dem wir Abschied vom wunderschönen Nordwesten Argentiniens nehmen mussten… Wir hatten nur noch eine Woche Zeit, um mit dem Mietauto bis nach Santiago zu fahren, und wollten ja auch noch nach Chile ans Meer! Also fuhren wir eines schönen Morgens auf der Ruta 150 nach Westen, direkt auf die Anden zu. Die Guanacos sagten vorläufig Tschüss (später würden wir wieder viele in Patagonien treffen) und die Landschaft wurde wieder schroffer und bergiger.
Zum zweiten Mal auf unserer Reise erlebten wir das umfangreiche Grenz-Gedöns: Ausreise aus Argentinien (immer eher locker und ohne Stempel im Pass) und Einreise nach Chile (immer eher pingelig und mit Stempel im Pass) in mehreren Schritten. Das größte Hindernis stellen Lebensmittel im Auto dar, also spendet man am besten den übrig gebliebenen Apfel oder die noch unter dem Sitz gefundene Orange beim chilenischen Zoll – und weiter geht’s. Am Paso del Agua Negra lagen die Posten der beiden Länder am weitesten auseinander, etwa 160 Kilometer. Dazwischen bewegt man sich gefühlt durch Niemandsland (in diesem Fall war es tatsächlich menschenleer), was sich auch deutlich am Zustand der Straße zeigte.





Da die Gegend um El Chiflón auf nur ungefähr 1500 Metern Höhe lag, mussten wir uns zum Paso del Agua Negra mit seinen stolzen 4780 Metern ganz schön nach oben schrauben. Es ist der höchstgelegene Grenzübergang zwischen den beiden Staaten. Noch dazu war die Straße eher behelfsmäßig ausgestattet, es gab Baustellen und zum Teil nicht eindeutige Abzweigungen. Als wäre das nicht genug, kam es, wie wir es nun schon fast gewöhnt waren: Ein Stück vor dem Pass hatte unser ansonsten braves Auto mal wieder einen Platten! Blöderweise war es hier ungewohnt kalt und windig, aber die wunderschön geformten Eisreste an den umliegenden Hängen munterten uns wieder auf. Ohne die Panne hätten wir diese wahrscheinlich nicht so gründlich angeschaut…
















Nach dem Pass ging es weiter durch farbenfrohe Berge und völlig unbewohnte Weiten, immer noch auf Schotterstraße. Allerdings entdeckten wir auf der Suche nach einer Stelle zum Picknicken einen verlassenen Unterstand von Ziegenhirten, ein bisschen gruselig, weil alles wie gerade liegen gelassen aussah, und ein bisschen schräg, weil wir mehrere Tierschädel fanden, die zum Fotografieren einluden. – Später passierten wir einen Stausee mit ungewöhnlich grünem Wasser, und am chilenischen Grenzposten in Juntas del Toro bekamen wir einen Mitfahrer: Ein Grenzpolizist, dessen Dienst gerade zu Ende war, freute sich über die Gelegenheit, zügig in seinen Wohnort Vicuña zu kommen. Er warnte uns gut gelaunt vor unschönen Buckeln und Kanten in der Straße und erzählte Geschichten von Marihuana-Anbau in den unzugänglichen Bergregionen.
Bevor wir in Chile an die Küste bei La Serena gelangten, durchfuhren wir noch das Valle del Elqui. Hier wurde die Landschaft wieder sanfter und es gab viel Weinbau. Da wir aber schon ein wenig erschöpft von der bisherigen Fahrt waren und auch noch ein Stück vor uns hatten, machten wir tatsächlich mal gar keine Fotos! – Weiter geht’s im Kapitel „Die Mitte Chiles“.
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Mittelchile

La Serena
Nach unserer aufregenden Fahrt von Argentinien her über den Paso del Agua Negra mit seinen grandiosen Landschaften gelangten wir schließlich durch das Valle del Elqui an die chilenische Pazifikküste nach La Serena. Nach vielen Wochen auf dem Altiplano und in Halbwüsten freuten wir uns auf das Meer, etwas mehr Grün und auf einen Bummel durch eine koloniale Innenstadt. – Das alles konnten wir in La Serena genießen, wenngleich man sagen muss, dass hier schon früh am Abend sprichwörtlich die Gehwege hochgeklappt wurden. Durch Argentinien an späte Essenszeiten (nie vor zwanzig Uhr!) gewöhnt, machten wir uns mitten im Stadtzentrum auf die Suche nach ein bisschen Leben und geöffneten Restaurants, hatten dabei aber nur wenig Erfolg… Natürlich wurden wir satt und entdeckten auch ein sehr einheimisches Restaurant mit bester Grilltradition, insgesamt fehlte uns jedoch das südamerikanische Flair.











Dafür war es tagsüber sehr betriebsam. Die tolle Palmenallee führte uns direkt zum langen Strand, den man ganz nach Bedarf Richtung Norden mit viel Natur oder Richtung Süden bis Coquimbo mit mehr Stadt, Gastronomie und Ständen im Hintergrund erkunden kann. Ein schönes Wahrzeichen ist der Faro Monumental, der ein kleines Museum mit freiem Eintritt beherbergt, und auch die Rettungsschwimmer bezogen schon ihren Posten, obwohl insgesamt noch die Ruhe vor dem Sturm herrschte: Wir waren Mitte Dezember in La Serena, also kurz vor Beginn der Hauptsaison im Januar und Februar.
Unsere Unterkunft, das Hotel Boutique Terra Diaguita, liegt im Stadtzentrum und ist eine sehr gemütliche Oase. Es ist liebevoll gestaltet und zieht sich durch zwei Höfe eines alten Bürgerhauses. Hier hatten wir auch das beste Frühstück der gesamten Reise! Es gab einfach alles, was das Herz begehrt, und das in einem super stilvollen Ambiente.








Bevor wir La Serena Richtung Süden an der Küste entlang wieder verlassen konnten, fiel uns noch plötzlich (ebenso wie dem kleinen Gespenst?) ein, dass wir den letzten platten Reifen noch ungeflickt im Kofferraum liegen hatten… Das war uns mit der bisherigen Quote an kaputten Reifen zu riskant, weshalb wir wieder einmal eine Gomeria suchten, um ihn reparieren zu lassen. Glücklicherweise fanden wir auch dieses Mal eine flexible Werkstatt, die uns ratzfatz den Reifen wieder fahrtüchtig machte. Wir erlebten nie, dass man uns warten ließ oder der Preis nach Abzocke klang, das war wirklich eine positive Erfahrung!



Pichidangui
Wenn man entlang der Pazifikküste auf der Autobahn fährt, braucht man für die knapp 300 Kilometer von la Serena bis in das kleine Örtchen Pichidangui tatsächlich auch nur drei Stunden. Das waren wir nach den Wochen auf Landstraßen, teils nicht einmal asphaltiert, gar nicht mehr gewöhnt. – Pichidangui war eine glückliche Entdeckung, denn wir hatten zuvor lange im Internet nach einer schönen Möglichkeit, ein paar ruhige Tage am Strand zu verbringen, gesucht. Das Dorf befindet sich an einem Ende einer großzügigen Bucht mit wunderschönem Sandstrand und es gibt einige Campingplätze mit kleinen Bungalows in der Gegend. Wir hatten in einer noch kaum besuchten Anlage den großen Pool ganz für uns (das Meer war deutlich zu kalt zum Baden) und konnten unsere schicken Gartenmöbel (Haha!) sogar zum Frühstück an den Strand stellen. Es schrie hier nach langen Spaziergängen barfuß am Wasser und der Himmel war mit unglaublichen Wolkengebilden voll auf unserer Seite!








Rasch fanden wir heraus, dass man zu Fuß am Strand entlang schneller ins Dorf kam als mit dem Auto über die Straße. Und hier wurde der kleine Hafen unser Lieblingsplatz, denn wenn am Vormittag die Fischer ihren Fang fertig ausgeladen hatten, gaben die Reste ein Festmahl für Möwen, Pelikane, Truthahngeier und sogar Seelöwen. Während vor allem die Möwen dann sofort ein Riesengeschrei anstimmten, warteten die Pelikane oft ein wenig und spazierten dann würdevoll durchs Gewirr, bis es ihnen zu dumm wurde und sie mit einem energischen Schnabelhieb oder Flügelschlag klar machten, wer der Chef am Büfett war. Der Seelöwe schien das Ganze ohnehin nur amüsiert zu beobachten…








Auf unseren Abendspaziergängen am Meer sahen wir übrigens auch, dass die Pelikane sich nicht nur mit Resten begnügen, sondern ausgezeichnete Jäger sind: Sie können sich elegant aus dem Wasser in die Luft erheben und dann pfeilschnell auf Fische hinunterstoßen, wobei sie wie eine Mischung aus Regenschirm und Flugdino aussehen. Wir fanden das sehr beeindruckend!









Es fiel uns schwer, uns an der wunderschönen Küste von Pichidangui satt zu sehen. Man konnte eigentlich stundenlang in die Brandung schauen, über Felsen klettern und sich über die vielen verschiedenen Blumen des bunten chilenischen Frühsommers freuen.
Und auch das andere Ende „unserer“ Bucht bot tolle Möglichkeiten zum Wandern. Hier war es noch ruhiger, schroffe Felsen, bizarre Pflanzen und ein tiefblaues Meer luden dazu ein, die Ausblicke dieser Seite lange zu genießen!





Ob am hellen Tag oder schon zum Abend hin, der lange Strand lud immer wieder zum Schlendern und Fotografieren ein. Wir verbrachten hier drei sehr erholsame Tage mit jeder Menge schöner Natur.





Valparaiso
„Valpo“, wie die Einwohner ihre Stadt direkt an der Küste nennen, ist ein großartiger und quirliger Ort! Von Norden kommend fuhren wir zuerst durch das völlig reizlose Viña del Mar, bevor wir nach Valparaiso gelangten und zu unserem Hotel auf dem Cerro Concepcion hinaufkurvten. Den Nachmittag und den folgenden Tag verbrachten wir komplett damit, durch die farbenfrohe Altstadt zu schlendern und die unzähligen vielfältigen Graffitis zu bewundern. Die ganze Stadt gleicht einer Streetart-Galerie der unterschiedlichsten Stile (sie ist zu Recht Unesco Weltkulturerbe) und zwischendurch findet man jede Menge Cafés und Restaurants, um sich auszuruhen und zu stärken. Durch die Hügellage eröffnen sich immer wieder herrliche Ausblicke auf die Bucht und die Brise vom Meer sorgt permanent für frische Luft!








Die hier eingefügten Bilder stellen natürlich nur einen Bruchteil der kostenlosen Freiluft-Kunst dar, die man in Valparaiso bestaunen kann. Immer wieder begegnet man bekannten Gesichtern wie denen von Jack, Rita oder Amy, aber man trifft auch auf taffe Mädels und Frauen, die man gerne kennen lernen würde – während man eher froh ist, den Gestalten der unteren zwei Reihen nicht „in echt“ über den Weg zu laufen…











Unser Weg führte uns mehrmals die Hügel hinunter und wieder hinauf, mal nutzten wir die ebenfalls bunt gestalteten Treppen, mal die Ascensores, die Schrägaufzüge, die knarzend und ruckelnd an den Cerros unterwegs sind. – Das offizielle Stadtzentrum unten am Meer erfüllte uns mit zwiespältigen Gefühlen: Zwar gibt es die obligatorische Plaza und ein paar recht prachtvolle Gebäude, viele Straßenzüge sind aber auch von Verfall gezeichnet. Es herrscht hier die in Chile verbreitete Unsitte vor, dass Besitzer alter Häuser, deren Instandhaltung oder -setzung sie finanziell überfordert, einen warmen Abriss als Ausweg nutzen und die alten Kolonialgebäude schlicht anzünden. Danach muss man sich lang genug ruhig verhalten, bis die Behörden die Suche nach den Besitzern aufgeben und die Brandruine irgendwann abgerissen werden darf. Eine effiziente Methode, die dem Stadtbild aber nicht gerade gut tut…














Man könnte allein eine Bildergalerie mit Streetart auf Garagentoren füllen! Vom bebilderten Auto hingegen entdeckten wir nur ein einziges originelles Exemplar. Dafür blieben wir immer wieder vor den fein gemalten schwebenden Häusern und Straßen des einheimischen Künstlers Varas Mackenzie stehen, bis wir ihn – oh, Freude! – selbst in seiner Galerie am Cerro Alegre trafen.











Getreu dem Motto auf den Stufen des Cerro Concepcion „We are happies“ verabschiedeten wir uns ganz und gar happy aus Valparaiso. Gerne wieder!